FC St. Pauli vs. Borussia Dortmund
Millerntor-Stadion | 18.01.2022, 01:00
Der FC St. Pauli hat die große Überraschung geschafft und Titelverteidiger Borussia Dortmund im Achtelfinale des DFB-Pokals vor 2.000 Fans am Millerntor mit 2:1 (2:0) besiegt. Der BVB hatte von Beginn an mehr vom Spiel, die Kiezkicker dank Etienne Amenyido aber mit der frühen Führung (4.). Vor der Pause erhöhten die Boys in Brown, weil Axel Witsel ein Eigentor unterlief (40.). Auch nach dem Seitenwechsel machten die Gäste viel Druck und kamen durch Superstar Erling Haaland, der einen Handelfmeter verwandelte (58.), zum Anschlusstreffer. Mehr gelang den Dortmundern aber nicht, weil die von der ersten Minute an leidenschaftlich kämpfenden Kiezkicker den Vorsprung verteidigten und somit ins Viertelfinale einzogen.
Achtelfinale im DFB-Pokal - das gab's zuletzt am 21. Dezember 2005, als unsere Kiezkicker Bundesligist Hertha BSC in einem denkwürdigen Spiel mit 4:3 nach Verlängerung besiegt hatten. Damals bis zur 68. Minute auf dem Rasen, Timo Schultz. Er stand bei ersten Achtelfinalspiel an der Seitenlinie und nahm im Vergleich zum zurückliegenden 2:2 gegen Erzgebirge Aue vier Wechsel vor. Wie zu erwarten stand Dennis Smarsch für Nikola Vasilj zwischen den Pfosten, Im Abwehrzentrum begann James Lawrence zudem für Philipp Ziereis. Finn Ole Becker rückte für Christopher Buchtmann in die Mittelfeldraute und Etienne Amenyido, Torschütze des 2:2 gegen Aue, ersetzte in vorderster Front Maximilian Dittgen. Beim BVB hingegen nur zwei Wechsel nach dem 5:1-Heimsieg gegen den SC Freiburg. Manuel Akanji und Axel Witsel ersetzten Emre Can (verletzt) und Donyell Malen (Bank). Der Titelverteidiger trat somit in top Besetzung an. Im Fokus stand beim BVB natürlich Erling Haaland, der vor exakt zwei Jahren bei seinem Debüt in Augsburg (5:3) die ersten drei seiner inzwischen 78 Tore erzielt hatte und am Vorabend in die FIFA-Welt-Elf gewählt wurde.
Vor Corona-bedingt nur 2.000 Fans, die aber für viel Stimmung sorgten, starteten beide Teams in die Partie – die Kiezkicker in den grauen Pokal-Trikots, der Titelverteidiger im neongelben Dress. Der BVB mit frühem Pressing, die Kiezkicker aber unbeeindruckt und mit der frühen Führung! Nach einer ganz feinen Kombination auf engem Raum über Finn Ole Becker, Jackson Irvine und Marcel Hartel, der von halbrechts in die Mitte legte, kam das Leder im Strafraum zu Etienne Amenyido und der überwand Gregor Kobel aus kurzer Distanz – 1:0 (4.)! Dortmund hatte den schnellen Ausgleich auf dem Fuß, doch Dennis Smarsch parierte gegen den enteilten Thorgan Hazard, ehe Leart Paqarada den Nachschuss von Hazard abgrätschte (7.). Von Beginn an war viel Leben auf dem Platz, für jede gelungene Aktion – ob gewonnener Zweikampf, gelungene Grätsche oder clever erkämpfter Einwurf – gab es Szenenapplaus.
Der Titelverteidiger rannte in der Folge immer wieder an, eine entscheidende Lücke im dicht gestaffelten Defensivverbund fand er zunächst aber nicht. Dann spielte Mats Hummel einen langen hinter die Viererkette auf den durchgestarteten Marco Reus. Der BVB-Kapitän kam aber nicht an Smarsch vorbei, mit einer starken Reaktion verhinderte er das 1:1 (18.). Bei der anschließenden Ecke landete der Ball bei Erling Haaland, dessen strammer Schuss aus zwölf Metern strich nur knapp drüber (19.). Die Boys in Brown verteidigten mit viel Leidenschaft und versuchten, nach Ballgewinnen schnell nach vorne zu spielen, allzu schafften sie es aber nicht, für Entlastung zu sorgen. Dennoch: Die Dortmunder bissen sich in einer intensiv, aber fair geführten Partie bislang die Zähne aus und wenn sie doch mal durchkamen, was angesichts der Qualität nicht anders zu erwarten war, war Smarsch zur Stelle.
Dann eine kurze Druckphase der Kiezkicker, die mit einer Chance von Marcel Hartel begonnen hatte. Unsere Nummer 30 legte sich den Ball noch mal vor und konnte aus 20 Metern abziehen, zielte aber etwas zu hoch – schade (27.). Der BVB blieb aber stets gefährlich, im Strafraum angekommen war dann aber immer ein Kiezkicker zur Stelle und verhinderte den Abschluss. Tja, und die Kiezkicker?!? Die legten den zweiten Treffer nach! Mit einem Ballgewinn beendete Jakov Medić eine feine Dortmunder Kombination und bediente auf halbrechts Guido Burgstaller. Der brachte den Ball in die Mitte, wo Amenyido lauerte, doch Axel Witsel war eher am Ball, grätschte diesen aber an Kobel vorbei ins eigene Tor. Wahnsinn am Millerntor – 2:0 (40.)! Allerbeste Stimmung unter den 2.000 Fans. Was hier wohl bei ausverkauftem Millerntor los gewesen wäre?!? Wenig später ertönte dann der Halbzeitpfiff und die Boys in Brown wurden lautstark in die Kabine verabschiedet.
Timo Schultz und Marco Rose verzichteten auf Wechsel, unverändert kehrten beide Mannschaften somit auf den Platz zurück. Hier blieb es dabei: Dortmund machte das Spiel und hatte deutlich mehr Ballbesitz – und früh die erste Chance. Ein von Irvine zu kurz abgewehrter Ball landete bei Jude Bellingham, dessen leicht abgefälschte Direktabnahme hätte gefährlich werden können, war aber kein Problem für Smarsch (47.). "Niemand siegt am Millerntor", schallte es von der Haupttribüne durchs Stadion. In der laufenden Zweitliga-Saison und auch bislang sah es genau danach aus, aber noch waren knapp 40 Minuten zu spielen und der Titelverteidiger machte viel Druck, fand aber weiter keine Lücken in der braun-weißen Defensive.
Die nächste Chance aber für die Boys in Brown, die sich etwas befreien konnten: Eric Smith brachte einen Freistoß aus dem Halbfeld mit viel Wucht in den Strafraum und fand Burgstaller. Dessen Kopfball kratzte Kobel gerade noch aus dem rechten unteren Eck (54.). Nur Augenblicke später traf Burgstaller mit einem Drehschuss aus halbrechter Position zudem nur das Außennetz (55.). Kurz darauf unterbrach Schiedsrichter Harm Osmers die Partie, um sich ein mögliches Handspiel von Medić im Strafraum anzuschauen. Er zeigte auf den Punkt. Erling Haaland trat an und zielte flach in die rechte Ecke, Smarsch war im anderen Eck – nur noch 1:2 (58.).
Anschließend wurde die Partie etwas unruhiger, die Zweikämpfe etwas intensiver - die Stimmung sowohl auf dem Platz als auch auf den Rängen hitzte sich etwas auf. Dann mal wieder der BVB, doch der im halbrechten Rückraum freistehende Thomas Meunier traf den Ball nicht richtig (61.). Anschließend ging’s hin und her: Erst schoss Marcel Hartel nach Flanke von Sebastian Ohlsson nur knapp daneben (66.), auf der Gegenseite zielte Raphaël Guerreiro wiederum zu hoch (67.). Es blieb hochspannend, der Druck des Titelverteidigers nahm zu keiner Zeit ab, die Kiezkicker verteidigten aber leidenschaftlich und das weiterhin erfolgreich. Wenn ein Zweikampf mal verloren ging, war ein Teamkollege zur Stelle und bereinigte die Situation.
Lautstark unterstützt von den 2.000 Fans ging's dann in die Schlussphase. Für diese kamen Luca Zander und Maximilian Dittgen für Sebastian Ohlsson und Etienne Amenyido (74.). Kaum auf dem Rasen hatte der BVB eine Ecke, diese köpfte Mats Hummels am langen Pfosten knapp vorbei (75.). Noch mal Dortmund: Nach Flanke von Meunier traf der eingewechselte Donyell Malen nur das Außennetz (78.). Der BVB rannte in der Folge immer druckvoller an, konnte den braun-weißen Abwehrriegel aber einfach nicht knacken. Jeder geklärte Ball wurde in den Schlusssekunden wie ein Tor gefeiert und dann ertönte endlich auch der Abpfiff! Unsere Kiezkicker schafften die große Überraschung, besiegten den Titelverteidiger mit 2:1 und zogen ins Pokal-Viertelfinale ein. Wahnsinn am Millerntor!!!
FC St. Pauli
Smarsch - Ohlsson (74. Zander), Medić, Lawrence, Paqarada - Smith, Hartel, Irvine, Becker - Amenyido (74. Dittgen), Burgstaller (90. Makienok)
Cheftrainer: Timo Schultz
Borussia Dortmund
Kobel - Meunier, Hummels, Akanji (76. Zagadou), Guerreiro - Witsel (90. Moukoko), Bellingham, Brandt - Reus, Haaland, Hazard (65. Malen)
Cheftrainer: Marco Rose
Tore: 1:0 Amenyido (4.), 2:0 Witsel (40. Eigentor), 2:1 Haaland (58., HE)
Gelbe Karten: keine
Schiedsrichter: Harm Osmers (Hannover)
Fans: 2.000
(hb)
Fotos: FC St. Pauli / Witters
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