Blind Date mit Lasse - Kiezkicker von Saliyas Lebensgeschichte beeindruckt
Donnerstag, 26. Januar 2017, 16:00 Uhr
Saliya Kahawatte ist nahezu blind. Trotz oder gerade wegen dieser Einschränkung hat er immer seine Träume und Ziele verfolgt. Rückschläge und tiefe Krisen blieben dabei nicht aus, aber Saliya hat es geschafft. Seine Lebensgeschichte ist nicht nur filmreif, sondern hat auch Lasse Sobiech beeindruckt.
„Ich habe Sali bei einem Termin kennengelernt. Wir saßen zusammen an einem Tisch und er hat einfach begonnen, seine Geschichte zu erzählen. Ich kam gar nicht mehr aus dem Staunen heraus“, erzählt unser Innenverteidiger beim Wiedersehen mit Saliya Kahawatte am Millerntor. Dass es an diesem zugigen Wintermorgen beim gemeinsamen Spaziergang über den Stadionrasen alles andere als gemütlich ist, stört Sali keine Sekunde: „Wow! Das ist alles sehr groß hier! Wahnsinn.“
Widrige Umstände sind ihm egal. Der 47-Jährige sieht vielmehr die Chancen und die positiven Aspekte, die sich in einer Situation ergeben. An diesen Grundsatz hat er sich gehalten, so lange er denken kann: „Ich war mit 15 Jahren nahezu blind. Mein Schicksal schien vorgezeichnet: Blindenschule! Aber damit wollte ich mich nicht abfinden. Ich wollte die Realschule besuchen. Man hat mich schließlich gelassen. Mitschreiben konnte ich nichts. Aber ich habe ein auditives Gedächtnis entwickelt, mit dem ich mir die Dinge merken konnte. Und ich habe den Abschluss geschafft! Diszipliniert, beharrlich und unorthodox“, erzählt Saliya sehr bestimmt, während er mit Lasse über den Platz schlendert. Man merkt sofort: Dieser Mann kann und will überzeugen. Und vor allem geht er seinen Weg.
Aber der Reihe nach. Als nächstes folgte das Abi: „In den Rückspiegel schauen bringt nichts. Nur der Blick nach vorne hilft einem weiter“, so Saliya. Mit einem Studium wurde es zunächst nichts, weil der Vater die Familie verließ. Saliya musste arbeiten gehen und entschied sich für eine Hotelfachausbildung – nur: Keiner wollte einen quasi Blinden. Der damals 19-Jährige verschwieg bei der Bewerbung seine Einschränkung und wurde angenommen: „Ich habe während der Ausbildung am Klang erkannt, welche Gläser sauber sind. Ich habe im Dunkeln tagelang trainiert und Tische eingedeckt, um diese im hellen fehlerfrei arrangieren zu können. Das Ganz nur damit ich nicht auffliege. Die Tarnung hat funktioniert.“
Und zwar so gut, dass Saliya nicht nur die Ausbildung schaffte, sondern danach ein eigenes Bistro eröffnete: „Irgendwann kam aber der Punkt, an dem ich nicht mehr konnte. Nicht offen mit meiner Blindheit umgegangen zu sein, war meine persönliche Lebenslüge.“ Es folgte 2002 die tiefste Krise seines Lebens mit einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik und insgesamt sechs Suizidversuchen.
Auch aus dieser scheinbar aussichtslosen Situation kämpfte sich Kahawatte wieder heraus. Er verwirklichte seinen Traum, auf der Hotelfachschule zu studieren. Mittlerweile war Saliya so selbstbewusst, dass er sich auch mit Behörden anlegte, die ihm Knüppel zwischen die Beine warfen. Eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit der Rentenversicherung machte ihn bundesweit bekannt. Der Wahl-Hamburger merkte, dass er mit seiner Lebensgeschichte andere Menschen inspirierte. 2009 erschien unter dem Titel „Mein Blinddate mit dem Leben“ seine Autobiographie, die am 26. Januar 2017 als Film in über 700 Kinos kommt. Thematisiert wird vor allem Saliyas Zeit als Hotel-Azubi. Kostja Ullmann spielt die Hauptrolle.
„Kostja ist ein guter Freund und bei einem Treffen habe ich dann zufällig die Chance bekommen Sali kennenzulernen“, verrät Lasse schmunzelnd. „Ich persönlich empfand die Geschichte beim Hören als extrem motivierend. Nach vorne schauen, immer wieder aufstehen und weiter an sich selbst glauben. Das sind die zentralen Dinge, die für uns als Team in der Rückrunde wichtig werden“, weiß unsere Nummer 3. Deshalb hat Saliya die ganze Mannschaft eingeladen, mit ihm den Film anzusehen.
„Das Angebot werden wir natürlich gerne annehmen. Selbstverständlich ist Saliya auch immer am Millerntor herzlich willkommen“, freut sich Sobiech, während er mit Kahawatte den Rasen verlässt. Klingt also ganz nach einem weiteren Blinddate. Mindestens.
(jk)
Foto: FC St. Pauli