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Kiezbeben-Geschichten: VIVA St. Pauli - vom FC bis zur Hafenstrasse

Auf über 600 Quadratmetern erzählt "KIEZBEBEN  – die zweite Geburt des FC St. Pauli", wie der FC St. Pauli wurde, was er heute ist. Gerade hat der Betreiberverein 1910 e.V. die Ausstellung im FC St. Pauli-Museum bis 5. Oktober verlängert und eine große Umfrage zur Dauerausstellung gestartet (wir berichteten: KLICK!). Einige der schönsten KIEZBEBEN-Stories erzählen wir hier auf fcstpauli.com. Diesmal geht es um ein Festival am Millerntor, dessen Name bis in der offiziellen Stadionzeitung des FC St. Pauli weiterlebt...

"Wir wollen hier LEBEN": So heißt es auf den Plakaten, die im Sommer 1991 überall im Viertel hängen. Mit einer Fotocollage aus Hafenstraße, Alltag und Stadionatmosphäre erinnern sie an die letzten Jahre, die den Stadtteil und seinen Fußballverein in einem wahren KIEZBEBEN mit Unruhe und neuer Energie aufgeladen haben.

Als es am 7. September los geht, ist das Programm so bunt wie das Viertel: das "Schulorchester Friedrichstraße" und die "Einstürzenden Neubauten", die "Toten Hosen" und Marianne Rosenberg, Corny Littmann und "Extrabreit", Achim Reichel und "Die Goldenen Zitronen". Die untere Hälfte des Plakates zeigt keine Fotos der Stars, sondern ein Hafenmotiv: zwei Schlepper mit den passenden Namen "Rasant" und "Resolut".

Die Haupttribüne des alten Millerntor-Stadions wurde 1991 zur Konzertbühne.

Die Haupttribüne des alten Millerntor-Stadions wurde 1991 zur Konzertbühne.

Der Name des Festivals steht auf einem großen Banner über der Haupttribüne: "Viva St. Pauli – vom FC bis zur Hafenstraße". Der Veranstalter ist keine kommerzielle Konzertagentur, sondern der "Verein Hafenstraße", und auch der Fanladen mit vielen Anhängern des FC St. Pauli und mehrere hundert AnwohnerInnen haben die Vorbereitungen vorangetrieben.

Die Idee hinter dem Festival: Öffentlichkeit zu schaffen für die Hafenstraße, deren BewohnerInnen zu dieser Zeit erneut eine Kündigung und Räumung befürchten müssen. "Mir fiel nichts mehr ein, wie wir die Abrissmaschinerie aufhalten könnten", erzählt Hafenstraßen-Bewohnerin Anne Reiche in ihrem Buch "Auf der Spur" (edition cimarron – hier zu bestellen: KLICK!). "Ich bin zu Rio [Reiser] gefahren. ... Ich hab ihm die letzte Entwicklung geschildert und er hat nachgedacht. Nach ner Weile macht er die Augen auf und sagt: ‚Ich glaube, da müssen wir ein Konzert machen. ... 10.000 Leute müssen kommen und es muss in den Abendnachrichten kommen."

In der KIEZBEBEN-Ausstellung gibt es u.a. tolle Bilder von Marily Stroux und Günter Zint vom VIVA ST. PAULI-Festival zu sehen.

In der KIEZBEBEN-Ausstellung gibt es u.a. tolle Bilder von Marily Stroux und Günter Zint vom VIVA ST. PAULI-Festival zu sehen.

Gesagt, getan: Für Anne und ihre MitstreiterInnen beginnt eine intensive Vorbereitungszeit. Und schließlich kommt der große Tag: "Mit einer Stunde Verspätung fing das Konzert an", schreibt Anne in ihrem Buch weiter. "Wir hatten keine Moderation, die Gruppen haben sich selbst anmoderiert und das war besser so. ... Wir hatten auch keine Texteinlagen, Aufrufe, Erklärungen und Ähnliches. Die ganze Veranstaltung, die Entwicklung, das Machen und Tun, das alles hat für sich selbst gesprochen. Fürs Viertel, für uns, für den FC. Das Ganze konnte ja überhaupt nur laufen, weil ganz viele mitgemacht und mitgeholfen haben. Es kamen nicht nur 10.000, es kamen 20.000. Und dann nochmal ein paar tausend mehr, die abends umsonst reinkamen. Jeder, der einen Job machte, fühlte sich verantwortlich fürs Ganze. ... Dass wir zusammen so was schaffen konnten, war die eigentliche Wirkung."

Die Ausstellung KIEZBEBEN ist noch bis 5. Oktober im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade zu sehen. Öffnungszeiten: Do+Fr 16-22, Sa+So 11-19 Uhr.

Die Ausstellung KIEZBEBEN ist noch bis 5. Oktober im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade zu sehen. Öffnungszeiten: Do.+Fr. von 16 bis 22 Uhr, Sa.+So. von 11 bis 19 Uhr.

Wo sonst Fußballgötter grätschen, tummelt sich an diesem Tag eine Mischung aus "unzähligen Punks, schwarz uniformierten Autonomen, bunten Neohippies, gesetzten Durchschnittsbürgern, lächelnden Altlinken und glücklichen Kids und Mikrokids", beschreibt die taz: "Angesichts der … überwältigenden Ausmaße der Gegenkultur erscheinen die regierenden Amtspersonen wie Dinosaurier, die von einer intelligenteren und wendigeren Spezies bedroht werden."

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TIPP: Am Donnerstag (22.8.) liest Anne Reiche im Rahmen der KIEZBEBEN-Nächte im FC St. Pauli-Museum. Wer also mehr von ihr erfahren will, sollte diesen Abend nicht verpassen. Wie immer bei den KIEZBEBEN-Nächten kostet der Eintritt nur das reguläre KIEZBEBEN-Ticket (Tages- oder Dauerkarte). Lasst Euch das nicht entgehen!

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KIEZBEBEN. Die Ausstellung. Sonnabend und Sonntag jeweils von 11 bis 19 Uhr sowie Donnerstag und Freitag von 16 bis 22 Uhr im FC St. Pauli-Museum (Heiligengeistfeld 1, 20359 Hamburg).

Links und weitere Infos:

 

Text: 1910 e.V.

Fotos: Archiv 1910 e.V. / Fanladen / C. Nagel

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