Kiezbeben-Geschichten: Zwischen Bayern, Brasilien und Blutgrätsche
Sonnabend, 24. August 2019, 09:00 Uhr
Auf über 600 Quadratmetern zeigt "KIEZBEBEN – die zweite Geburt des FC St. Pauli", wie der FC St. Pauli wurde, was er heute ist. Der Betreiberverein 1910 e.V. hat die Ausstellung im FC St. Pauli-Museum bis 5. Oktober verlängert und eine große Umfrage zur Dauerausstellung gestartet (wir berichteten: KLICK!). Einige der schönsten KIEZBEBEN-Stories erzählen wir hier auf www.fcstpauli.com. Diesmal versetzen wir Euch in die Jahre 1989 bis 1991 – und fahren mit auf eine der erstaunlichsten Auswärtsfahrten der Vereinsgeschichte...
"Eine strahlende Erscheinung", freut sich das „Hamburger Abendblatt“ im Juli 1989: "1,88 Meter groß, muskulös, schokoladenbraun, haselnußbraune Augen und ein gewinnendes Lächeln. Ein Sonnyboy, wie ihn die Fans lieben." Der Anlass für die Freude? Leonardo "Leo" Manzi vom Pelé-Club Santos – der erste Brasilianer beim FC St. Pauli (siehe Foto oben links, bei einem Spiel gegen Bayer Uerdingen).
Tatsächlich sollte sich Manzi zu einem Publikumsliebling entwickeln – wenn auch nicht unbedingt wegen seiner technischen Brillanz. Das zeichnet sich schon in einer „Spiegel“-Reportage aus demselben Sommer ab: "Den Ball eng am Fuß, tänzelt er grinsend an der Außenlinie entlang. Dann allerdings, als ein energischer Manndecker zur Beingrätsche ansetzen will, produziert der Techniker vor Schreck einen Fehlpass."
Eine Szene, die gut zu den Jahren 1989 bis 91 passt: Erst fröhliches Tänzeln. Doch irgendwann setzt das Schicksal zur Blutgrätsche an. Das zweite KIEZBEBEN-Jahr nämlich bringt zwar einen Fehlstart mit sieben Spielen ohne Sieg – führt aber hinauf bis auf Platz acht und endet auf Rang dreizehn.
Das dritte Jahr des KIEZBEBENs wiederum bringt zwar Höhepunkte wie den Sieg gegen Hertha zum Auftakt oder den legendären 1:0-Auswärtssieg bei Bayern München. 15.000 mitgereiste St. Paulianer werden Zeuge eines höchst einseitigen Spielverlaufs – mit Happy End für Braun-Weiß:
Während die Münchner reihenweise Chancen verballern und an St. Paulis Torwart Ippig verzweifeln, fahren die St. Paulianer einen einzigen Konter – und der sitzt. Ralf "Colt" Sievers erzielt kurz vor der Halbzeit das 0:1. Und dabei bleibt es. "Sensation! St. Pauli machte die Bayern zur Lachnummer", feixt ein Boulevardblatt, und der Fanladen St. Pauli entwirft damit ein "Ich war dabei"-Shirt. Schlichter Aufdruck: Die Anzeigetafel des Olympiastadions mit dem Endergebnis und die Schlagzeile.
Doch die Saison 1990/91 bringt auch eine Rückrunde im Tabellenkeller und die vorzeitige Entlassung von Trainer Helmut Schulte, die von vielen Fans als Tabubruch empfunden wird – das Spiel gegen Bayern verfolgt Schulte von der Tribüne, auf der Trainerbank sitzt Horst „Fussel“ Wohlers. Am Ende steht Platz 16. Und damit die Relegation gegen die Stuttgarter Kickers.
Wollt Ihr wissen, wie die Geschichte des KIEZBEBENs weitergeht – und auch Neues über das Vor- und Nachbeben erfahren? Dann nichts wie hin in die über 600 Quadratmeter große Ausstellung im FC St. Pauli-Museums!
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KIEZBEBEN. Die Ausstellung.
- Donnerstag und Freitag: von 16 bis 22 Uhr
- Sonnabend und Sonntag: von 11 bis 19 Uhr
- FC St. Pauli-Museum, Heiligengeistfeld
Links und weitere Infos:
- KIEZBEBEN. Die Website zur Ausstellung
- KIEZBEBEN-Nächte (immer donnerstags)
- Umfrage zum FC St. Pauli-Museum
Text: 1910 e.V.
Fotos: Archiv 1910 e.V. / Witters