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„Wir glauben an jeden einzelnen“

Auf der Mitgliederversammlung richtete Oke Göttlich sein Wort an die anwesenden Vereinsmitglieder des FC St. Pauli und sprach dabei natürlich über die sportliche Situation, blickte aber auch auf ein erfolgreiches Jahr des FC St. Pauli zurück.

Bevor sich Vereinspräsident Oke Göttlich ausführlich zum zurückliegenden Geschäftsjahr und zur aktuellen sportlichen Situation äußerte, bat der 40-Jährige die Anwesenden um eine Gedenkminute für alle im vergangenen Jahr verstorbenen St. PaulianerInnen. Stellvertretend für alle, teils viel zu früh Verstorbenen benannte Göttlich dabei Dagmar Oden, die sich seit Mitte der 1990er sehr für die Interessen der behinderten Fußballfans engagiert hatte, John Diercks, der als Ehrenmitglied nach 66-jähriger Mitgliedschaft im Alter von 85 Jahren verstorben war, und Klaus Rummelhagen. Dieser hatte nicht nur die Bowling-Abteilung gegründet, sondern war lange Jahre auch deren Abteilungsleiter gewesen, unter Präsident Corny Littmann zudem Vizepräsident des FC St. Pauli und zuletzt Vorsitzender des Amateurvorstands.

Göttlich wendete sich in seiner Rede auch an die anwesende Profimannschaft: „Wir glauben an jeden einzelnen von Euch. An Eure Stärken und Fähigkeiten. Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass Ihr die nötigen Punkte holt.“

Weiter berichtete der Vereinspräsident von einer tiefgehenden Analyse der sportlichen Situation, die dazu geführt hatte, sich vom bisherigen Geschäftsleiter Sport Thomas Meggle zu trennen: „Ich werde nicht weiter die Beweggründe für die Entscheidung erklären, weil wir beim FC St. Pauli uns zur Maxime gesetzt haben, für unsere MitarbeiterInnen Verantwortung zu übernehmen und verantwortungsvoll mit Ihnen umzugehen.“

Gleichzeitig dankte der 40-Jährige dem kaufmännischen Geschäftsleiter Andreas Rettig, der bis zum Saisonende neben seiner Rolle im kaufmännischen Bereich den Posten von Thomas Meggle kommissarisch übernimmt: „Es ist für den Verein auch aus wirtschaftlichen Aspekten die naheliegendste Lösung. Daher, lieber Andreas, vielen Dank, dass Du dem Verein in dieser schwierigen Situation in Doppelfunktion zur Verfügung stehst. Danke, dass Du unserem Bitten nachgekommen bist.“ Weiter begrüßte er mit Olaf Janßen den neuen Co-Trainer an der Seite von Chefcoach Ewald Lienen.

Diese Maßnahmen habe man getroffen, da man davon überzeugt sei, mit diesen Veränderungen den Turnaround zu schaffen und die Klasse zu halten, zeigte sich Göttlich kämpferisch. Dabei mahnte er an, dass es der Übernahme von Verantwortung in allen Bereiche des Vereins bedürfe.

Auch gab Göttlich einen Ausblick auf die kommende Winterpause: „Ich kann Euch versichern, dass wir den Spielermarkt genau im Blick haben und wenn sich die Möglichkeit ergibt, eine Verstärkung zu verpflichten, die sinnvoll ist und uns weiterhilft, werden wir das auch tun. Nur möchte ich auch klar betonen, dass die Bäume hier nicht in den finanziellen Himmel wachsen.“ Der 40-Jährige verwies auf die Tatsache, dass man in den letzten Jahren an die Grenzen des Machbaren gegangen sei und aktuell, nach strenger Prüfung durch den Aufsichtsrat, den Lizenzspieleretat um 50 Prozent erhöht habe.

Diese Erhöhung sei nur möglich gewesen, weil der Verein und seine Gesellschaften wirtschaftlich erstklassig aufgestellt seien. „Im Geschäftsjahr 2015/16 konnten wir die positive Entwicklung der letzten Jahre weiter fortsetzen. Der Konzernabschluss ergab bei Gesamterträgen von EUR 40,64 Millionen (Vorjahr EUR 33,13 Mio.) ein Betriebsergebnis vor Steuern von EUR 2,98 Millionen. Dieses Ergebnis führt zu einem Konzernjahresüberschuss von EUR 1,32 Millionen“, ging Göttlich im Detail auf die Zahlen ein.

Zwar könne man mit diesem Ergebnis zufrieden sein, doch sei es gleichzeitig auch Ansporn. Da der Verein im TV-Ranking von Platz 6 auf Platz 10 abgerutscht ist, verringerten sich die TV-Einnahmen von 8,83 Millionen Euro im Vorjahr auf nur noch 7,47 Millionen Euro. Auch aus diesem Grund habe sich der Verein in den vergangenen Jahren fußballpolitisch engagiert. Dabei gehe es darum, für eine ausgewogene Zusammensetzung des DFL-Vorstandes zu kämpfen, damit eine gerechte Verteilung der TV-Gelder zwischen 1. und 2. Bundesliga möglich bleibt.

Einen großen Anteil am positiven Gesamtergebnis hatte laut Göttlich der Bereich Transfers. Hierbei hob der Präsident den Wechsel von Marcel Halstenberg nach Leipzig hervor, der dem Verein einen Erlös in Höhe von mehr als 3 Millionen Euro einbrachte.

Eine weitere Einnahmequelle soll in Zukunft der Bereich Merchandising werden. „Wir sehen hier weiteres Steigerungspotential – auch international. Wir haben in den USA einen Onlineshop an den Start gebracht und mit Kingsroad Merchandising einen idealen Partner gefunden, der uns bei der Umsetzung vor Ort optimal unterstützt“, gibt der 40-Jährige Ausblick auf weitere Aktivitäten im Bereich Merchandising.

Durch die Aufnahme der Upsolut Merchandising GmbH & Co. KG in den Konzern konnten bereits positive Effekte entstehen. Bei Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung des Vereins äußerte sich Göttlich zufrieden mit Vermarktung des Vereins. „Wir konnten den Vertrag mit unserem Hauptsponsor Congstar vorzeitig um weitere zwei Jahre bis Sommer 2019 verlängern. Zudem sind unsere sechs größten Partner bis mindestens 2019 an den Verein gebunden und verfügen über Verträge, die ligaunabhängig Gültigkeit haben. Das gibt uns als Club Planungssicherheit, zeigt aber auch, dass der FC St. Pauli als zuverlässiger und leistungsstarker Partner betrachtet wird“, so der Präsident zu den Mitgliedern.

Auch die sportlichen Resultate des Vereins im Bereich der Jugend ließ Präsident Oke Göttlich nicht unerwähnt. „Unsere U23 konnte im letzten Sommer die Klasse halten und spielt derzeit eine ordentliche Rolle in der Regionalliga Nord. Und auch die U19 und die U17 haben sich seit Jahren in der Junioren-Bundesliga etabliert“, zeigte er sich voll des Lobes und dankte dabei der AFM für ihre tatkräftige Unterstützung im Bereich des Jugendfußballs.

Mit Blick auf die Sporttreibenden Abteilungen wies Göttlich darauf hin, dass die Neugestaltung des Bunkers an der Feldstraße nicht ohne die Partizipation des Vereins umgesetzt werden soll. Der FC St. Pauli kämpfe dafür, Kindern und Jugendlichen aus dem Viertel die Möglichkeit zum Sporttreiben zu bieten. „Denn wir wollen uns auch zukünftig an so tollen Leistungen erfreuen, wie sie in den Sporttreibenden Abteilungen auch im abgelaufenen Jahr wieder abgeliefert worden sind. Euch allen gebührt unser höchster Respekt für das, was ihr in Euren Abteilungen leistet. Hierbei meine ich nicht nur den sportlichen Erfolg im Kampf um Tore und Punkte, sondern auch das gesellschaftliche Engagement, das von Euch und natürlich auch von unserer aktiven Fanszene ausgeht“, freute sich der Präsident über das rege Vereinsleben im vergangenen Jahr.

Explizit erwähnte Göttlich den Fanladen St. Pauli: „An dieser Stelle muss ich dem Fanladen St. Pauli noch einmal meinen größten Respekt und meine größte Anerkennung aussprechen. Für die tolle antirassistische Arbeit, die ihr leistet, seid ihr absolut zu Recht mit dem Julius-Hirsch-Preis des DFB für Eure Aktionswoche rund um den internationalen Holocaustgedenktag ausgezeichnet worden.“

Zum Schluss richtete Göttlich noch das Wort an die Mitglieder des FC St. Pauli. „Ich möchte Euch danken. Danke dafür, dass ihr St. Pauli seid und St. Pauli lebt. Dass ihr unzählige Stunden ehrenamtlichen Engagements in diesen Verein einbringt. Ohne Euch wäre der Verein nicht das, was er ist. Und für diesen Verein lohnt es sich zu kämpfen. Deshalb lasst uns eng zusammenrücken, gerade wenn der Wind zunimmt. Lasst uns Ewald und das Team in die Mitte nehmen und gemeinsam das große Ziel schaffen“, schwor er die Mitglieder ein und beendete seine Rede in Anlehnung an Leonard Cohens. „Hoffnung ist viel zu passiv. Wir brauchen Willen. Auf dem Platz und auch auf der Straße. Für immer mit Dir – für immer mit Euch  - für immer St. Pauli!“

 

Nach der Versammlung stellte sich Göttlich noch den Fragen der anwesenden Reporter. Das Video des Gesprächs gibt es bei fcstpauli.tv.

 

(lf)

Foto: Witters

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