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„Wenn wir von Spielern sprechen, dann sprechen wir von Menschen“

Kein Platz für Rassismus! Zusammen mit congstar hat der FC St. Pauli rund um das Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern ein klares Zeichen für Toleranz gesetzt. Seit dieser Saison ziert dieser Schriftzug auch die Brust der Trikots der Mannschaften aus dem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ). Stephanie Gonçalves Norberto ist im NLZ seit fünf Jahren im Bereich Wertevermittlung & Pädagogik tätig und berichtet über Prävention und Maßnahmen, unter anderem zum Thema Rassismus.

Es „brummt“ am Brummerskamp – soll heißen, ordentlich was los! Dort, wo das NLZ des FC St. Pauli seine Trainingsstätte hat, trainieren hier insgesamt sieben Nachwuchsteams, von der U12 bis zur U19, und gelegentlich auch die U23, fast täglich. Auf dem Platz tummeln sich Kinder und Jugendliche in den verschiedenen Altersklassen mit unterschiedlichen Herkünften und Hintergründen. Es werden fleißig Spielformen einstudiert und erklärt, der Spaß am Sport und die Spieler im fußballerischen Segment weiterzuentwickeln, das steht hier im Vordergrund. Doch im NLZ wird noch mehr vorgelebt und vermittelt. Es ist der Umgang untereinander und miteinander. Denn auch abseits des Sports ist sich der Verein seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und steht für Werte wie Toleranz, Respekt, Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit.

Zusammen mit weiteren Kolleg*innen betreut Stephanie Gonçalves Norberto den Bereich Wertevermittlung und Pädagogik im NLZ des FC St. Pauli. Seit fünf Jahren ist sie hauptamtlich in dieser Funktion tätig – vorher war sie häufiger am Millerntor, allerdings nicht vorwiegend zum Fußball schauen, wie sie verrät: „Meine Berührungspunkte mit dem Verein hatte ich im Vorfeld durch meine ehrenamtliche Arbeit an der Millerntor-Gallery und als die Stelle als pädagogische Leitung ausgeschrieben war, wusste ich, dass es genau das ist, was ich machen möchte, um den soziokulturellen Bereich, aus dem ich herkomme, mit Sport zu verbinden“, erklärt die studierte Kulturpädagogin.

Vom Millerntor zum Brummerskamp. Hier beschäftigt sich Stephie im Bereich „Wertevermittlung“ mit präventiven Maßnahmen, initiiert Workshops und gemeinsame Projekte mit den Kindern und Jugendlichen, aber auch den Kolleg*innen aus dem NLZ – auch das Thema Diskriminierung spielt hier eine präsente Rolle, auch für Stephie persönlich. „Meine Lebensrealität ist auch teilweise eine sehr politische. Das fängt schon damit an, eine Frau zu sein im Fußball-Bereich und dazu noch eine, mit einer Migrationsgeschichte. Das bringt für meine Arbeit mit den Spielern, die eine gewisse Identifikation mit mir teilen, eine Nähe zu dem ganzen Thema“, betont sie und fügt an: „Für unsere rassismus-kritische Arbeit entwickeln wir Handlungsfelder für Spieler, Mitarbeitende und unsere NLZ-Strukturen. Dafür arbeiten wir mit Expert*innen zusammen, wie z.B. dem Bildungsreferenten und Psychologen Zami Khalil und der Beratungsstelle Empower. Es braucht Wissen, um ins Handeln zu kommen und unsere Denk- und Verhaltensweisen zu reflektieren. Das schaffen wir durch unterschiedliche Maßnahmen, wie z.B. regelmäßige Workshops, Arbeitsgruppen und weitere Aktivitäten, die wir als Grundlage für unsere Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sehen.“

Für die Spieler ist das NLZ neben der Schule auch eines der wichtigsten Sozialräume. Auch hier spielt Stephie eine wichtige Funktion – sei es das Internat oder auch Kooperation zwischen den Schulen und dem Verein, dualer Karriere oder auch bedarfsorientierter Unterstützung für die Kinder und Jugendlichen. Stephie hat hier den Gesamtblick auf die pädagogische Strategie des NLZ. „Wenn wir von Spielern sprechen, dann sprechen wir von Menschen. Wenn wir uns mit dem Thema „Werte“ auseinandersetzen, dann sprechen wir über ein komplexes Thema, bei der die Vermittlung und die eigene Identität in der Altersspanne eine große Rolle spielen. Und da komme ich mit ins Spiel.“

Die Spieler selbst nutzen und schätzen die Möglichkeiten durch die Wertevermittlung und Pädagogik, weil sie das Gefühl haben, hier gesehen, gehört und verstanden zu werden sagt auch U19-Spieler Selcuk Rinal: „Da macht der FC St. Pauli schon sehr viel und das macht den Verein auch aus. Für uns als Mannschaft sind die Themen wichtig und wir haben mit Stephie und weiteren Mitarbeitenden im NLZ-Ansprechpersonen, die uns dabei unterstützen, mit uns sprechen und gemeinsame Aktionen planen, wie am Jahrestag von Hanau.“

Die angesprochene gemeinsame Aktion zum Jahrestag in Hanau ist ein Beispiel dafür, wie sich die Spieler selbst mit dem Thema Diskriminierung auseinandersetzen und etwas bewirken möchten. Dafür haben sie sich etwas überlegt und hatten Angehörige des Anschlags zu Besuch. „Wir wollten uns unbedingt an dem Gedenktag aktiv mitbeteiligen und es hat einfach nochmal eine andere Wirkung, wenn du mit den betroffenen Personen selbst sprichst. Wir haben neben dem Workshop ein Video zusammen gemacht und darauf aufmerksam gemacht, dass wir mehr sind als nur Leistungssportler. Damit wollten wir auch ein Zeichen gegen Rassismus setzen. Ich habe dafür auch viele Rückmeldungen bei mir im Freundeskreis bekommen, dass wir uns da so engagieren. Das zeigt, dass wir auf und neben dem Platz etwas bewirken können und auf das Thema Rassismus aufmerksam machen müssen“, betont Samed Skrijelj.

Solche Maßnahmen und Aktionen der Spieler sind wichtig, um auf das Thema Rassismus aufmerksam zu machen. Im NLZ liegt der Fokus bei Vorfällen darauf, einen sichereren Raum zu schaffen für betroffene Spieler, um zu Wort kommen zu können, sie zu stärken und auch nicht betroffenen Spielern die Möglichkeit zu geben, sich Wissen anzueignen. „Solche Vorfälle können (re)traumatisieren und hier gilt es, sich externe Unterstützung einzuholen. Rassismus hat einen Einfluss auf die Psyche und hier ist Fußball zweitrangig“, erläutert die pädagogische Leiterin.

Füreinander da sein, den Zusammenhalt untereinander stärken – auf und neben dem Platz. Dafür leistet das NLZ im Wertekosmos des FC St. Pauli bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einen elementaren Beitrag. Kein Platz für Rassismus -  heute und auch sonst nirgends – im Millerntor-Stadion, am Brummerskamp oder weltweit.

 

(ch)

Fotos: FC St. Pauli

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