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Antira-Turnier: Torkel Wächter liest im FC St. Pauli-Museum 

Rund um das antirassistische Fußballturnier 2022 haben der Fanladen, die St. Pauli-Fanszene sowie das FC St. Pauli-Museum mehrere Veranstaltungen organisiert. So las der schwedische Autor Torkel Wächter am Sonnabend im FC St. Pauli-Museum aus seinem jüngsten Buch Meines Vaters Heimat. "Was er mir nie erzählt", das im Verlag Langenmüller erschienen ist. 

Der dokumentarische Roman spielt sowohl in den 1920er-Jahren in Hamburg, als auch in der Nachkriegszeit und Gegenwart. In dem Roman geht es um Traumata, die in Familien über Generationen reichen, weil Eltern grausame Erlebnisse hatten, die auch noch viele Jahre später Nachwirkungen zeigen.  

Jüdischer Antifaschist aus Eimsbüttel  

Die Hauptfigur in Torkel Wächters Buch orientiert sich an seinem Vater, der in der NS-Zeit inhaftiert worden war: Walter Wächter aus Eimsbüttel war Jude und im antifaschistischen Widerstand. Er schrieb aus der Haft mehrere Briefe an seine Familie, aus denen Torkel Wächter zitierte. So hatte Walter Wächter in einem Brief auch den FC St. Pauli erwähnt, mit dem er sympathisierte. Walter Wächter war selbst als Leichtathlet und Fußballer aktiv, war erst Mitglied des HSV, später bei dem Arbeitersportverein Fichte Eimsbüttel. Nach dessen Verbot 1933 gehörte Walter Wächter dem Jüdischen Turn- und Sportverein Bar Kochba an. 

Seit 2018 erinnert der Walter-Wächter-Sportplatz in Eimsbüttel an den jüdischen Antifaschisten. Engagierte vom FC Alsterbrüder hatten sich maßgeblich dafür eingesetzt, den Sportplatz an der Gustav-Falke-Straße nach Wächter zu benennen.    

Torkel Wächter bei seiner Lesung im FC St. Pauli-Museum.

Torkel Wächter bei seiner Lesung im FC St. Pauli-Museum.

Das Schweigen, die Fragen, das Erinnern 

Nach seiner dreijährigen Haft im Zuchthaus war Walter Wächter aus Deutschland geflohen. In Schweden fand er eine neue Heimat, wurde Hochschuldozent und war unter seinem neuen Namen Michaël Wächter als Autor, Journalist und Professor tätig. Doch aus dem Buch von seinem Sohn Torkel wird deutlich, wie schwer sich der Vater damit getan haben muss, die Vergangenheit zu verarbeiten. Das Schweigen, die Fragen, das Erinnern - alles Motive, die sich als roter Faden durch die Werke von Torkel Wächter ziehen. Sein Vater habe absolut das Recht gehabt, über die Vergangenheit zu schweigen, sagte Torkel Wächter bei der Lesung - doch gleichzeitig hätten die Nachkommen auch das Recht, etwas über die Geschichte der Familie zu erfahren. Die Briefe des Vaters lieferten einige Antworten. 

Nicht nur in seinem neuen Buch beschäftigt sich Torkel Wächter mit Erinnerungen aus der NS-Zeit: In seinem Werk "32 Postkarten - Post aus Nazi-Deutschland" rekonstruierte er das Schicksal seiner Großeltern, die nicht mehr aus Deutschland fliehen konnten und von denen die Familie nach deren Deportation nie wieder etwas hörte. Zumindest zwei Stolpersteine in Eimsbüttel sollen an das Schicksal der Großeltern Minna und Gustav Wächter erinnern. 

Mit seiner Arbeit schafft es Torkel Wächter, die kaum fassbaren Schrecken des NS-Terrors als Lokalgeschichte konkret greifbar zu machen - und die langwierigen Folgen der Traumata auch für die nachfolgenden Generationen darzustellen. Seine Lesung im FC St. Pauli-Museum hat somit einen wertvollen Beitrag geleistet, um diese dunkle Geschichte Hamburgs zu beleuchten und an die Opfer des NS-Terrors zu erinnern. 

Erst am Mittwoch hatte der französische Rekordnationalspieler Lilian Thuram im FC St. Pauli-Museum aus seinem Buch "Das weiße Denken" gelesen, um über rassistische Wahrnehmungen und Denkmuster aufzuklären.  

[Lilian Thuram: "Ich wäre stolz gewesen, das Trikot des FC St. Pauli zu tragen" - FC St. Pauli (fcstpauli.com)] 

 

(pg)

Foto: FC St. Pauli

 

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