"Der absolute Wahnsinn"
Sonntag, 20. Dezember 2015, 11:45 Uhr
„Wir müssen die Defensiv-Organisation in den Griff bekommen“, stellte Lienen, der nach eigener Aussage „immer eine Affinität zum FC St. Pauli“ hatte, bei seiner Vorstellung als neuer Cheftrainer als Hauptaufgabe für die kommenden Monate klar. Innerhalb von vier Tagen wurde er richtig gefordert. Gleich zweimal binnen 96 Stunden stand er in Ingolstadt (1:2) und daheim gegen den VfR Aalen (3:1) an der Seitenlinie. „Das war die anstrengendste Hinrunde, die ich je erlebt habe“, scherzte er mit Blick auf seine ersten, äußerst turbulenten Tage.
Nach der Winterpause hatte der 62-Jährige dann aber viel Zeit, den Verein und sein Umfeld, vor allem aber seine Mannschaft richtig kennenzulernen – die ersten Tage noch daheim an der Kollaustraße, später dann im Trainingslager in Belek. „Es ist so, dass wir in jedem Training darauf achten, dass die richtige Einstellung und Mentalität auf den Platz kommt. Es ist bei den Jungs richtig Pfeffer drin, sie sind aggressiv“, lobte er seine Jungs nach den ersten gemeinsamen Wochen.
Dennoch lief es in den ersten Ligaspielen nicht wie gewünscht, gegen die direkten Konkurrenten aus Sandhausen (0:0), Fürth (0:1), 1860 München (1:2) und Erzgebirge Aue (0:0) sprangen lediglich zwei Zähler heraus. „Wir werden weitermachen und uns auf das nächste Spiel konzentrieren“, betonte Lienen voller Überzeugung - er sollte Recht behalten. Beim 2:0 gegen Eintracht Braunschweig gelang seiner Elf der erste Auswärtssieg der Saison. „Wir brauchten diese drei Punkte unbedingt, sie waren überlebensnotwendig. Auch für das Selbstvertrauen der Jungs war dieser Erfolg unglaublich wichtig“, erklärte unser Cheftrainer nach der Partie.
Es folgten jedoch zwei sieglose Spiele, wobei das 0:1 bei Union Berlin besonders bitter war. Erst durch einen Platzfehler in der Schlussminute siegte Union, nachdem die Kiezkicker die Partie nahezu die komplette Spielzeit über im Griff hatten. Die Folge: Acht Spieltage vor dem Saisonende rutschten die Kiezkicker mit vier Zählern Rückstand auf das rettende Ufer auf den letzten Tabellenplatz. Trotz der weiterhin prekären Situation betonte Ewald Lienen: „Ich glaube fest daran, dass wir das Recht haben, in der Liga zu bleiben. Wir sind noch immer in Schlagdistanz. Und wenn es bis zur 95. Minute des letzten Spieltags dauert, bis wir die letzten Punkte holen, dann werden wir das tun. Wir glauben an uns, werden alles geben und bis zur letzten Sekunde unseren Job erledigen.“
Gesagt, getan – zwei Wochen später beim 4:0 gegen Fortuna Düsseldorf. Hier sah Lienen einen „hochverdienten Sieg“, der als Startschuss für den eminent wichtigen Schlussspurt dienen sollte. Vier weitere Siege und drei Niederlagen folgten und am Ende reichte es, mit einem Zähler Vorsprung auf 1860 München, Platz 15 zu belegen und so die Klasse zu halten. „Das ist der absolute Wahnsinn“, so Lienen, dessen Freude nach der abschließenden 0:1-Pleite in Darmstadt keine Grenzen kannte. Gemeinsam mit seiner Mannschaft, dem Trainerteam und allen St. Paulianern im Rücken hatte er es geschafft, den drohenden Abstieg in die 3. Liga doch noch abzuwenden.