"Die Persönlichkeit darf nicht in den Hintergrund geraten"
Dienstag, 10. Mai 2016, 10:57 Uhr
Die beiden Autoren hatten in ihrem Buch vor allem die Frage gestellt, in welche Richtung sich der Fußball entwickelt und wo bei der aktuellen Richtung die „Liebe zum Ball und Spiel bleibt“. Nach einer kurzen Vorstellung des Buches ging es auch sogleich in die Diskussion.
Eines der großen Problemfelder im Jugendfußball sei die Orientierung am reinen sportlichen Erfolg, da waren sich die Teilnehmer der Runde einig. Alexander Eick, Organisatorischer Leiter unseres NLZ, sah die Problematik nicht nur in den „großen“ Vereinen: „Es gibt Trainer in den kleinen Clubs, für die steht der kurzfristige Erfolg über allem und dafür werden auch langfristige Konzepte über den Haufen geworfen. Aus diesem Grund geht es beim FC St. Pauli darum, dass in den jungen Jahren die Kinder, über die Saison gesehen, mindestens 50 Prozent der möglichen Spielzeit erhalten.“
Jakob Münzer von der U17 des FC St. Pauli unterstrich dies und merkte an: „Gute Ergebnisse kommen bei einer Weiterentwicklung von alleine. Diese ist viel wichtiger als die nackten Zahlen nach einem Spieltag.“ Jörg Marwedel machte auf einen weiteren Punkt aufmerksam. „Die Übungsleiter in den kleineren Vereinen bilden sich quasi noch selbst aus. Es gibt zu wenige Möglichkeiten seitens des DFB, um sich als Trainer fortzubilden. Hier fängt das Problem an.“
Fabian Boll fehle in der fußballerischen Ausbildung von Nachwuchsspielern die Grundentspannung. „Heutzutage wird zu viel auf Quantität trainiert. In der Summe wird einfach zu viel verlangt. Grundsätzlich könnte auch ein Tag weniger trainiert und den Spielern so auch ein gewisser Freiraum zugestanden werden“, so der Co-Trainer unserer U23. Alexander Eick sah in dieser Thematik ein gesamtgesellschaftliches Problem, denn hier müsse auch die Schulzeit miteinbezogen werden: „Die Jungs haben bis 18 Uhr Schule und müssen dann noch trainieren. Klar ist das viel. Wenn die Vereine dieses Rad aber nicht mitdrehen, bleiben sie auf der Strecke.“ Der aktuelle Kiezkicker Jan-Philipp Kalla konnte diese Entwicklung nur bestätigen. „Ich bin damals vom HSV zurück zu Concordia gewechselt, weil mir der Spaß bei den Rothosen abhanden gekommen ist.“
Einen Grundtenor hatten an diesem Abend alle geladenen Gäste, den Eick abschließend formulierte: „Die Persönlichkeit der Spieler darf auf keinen Fall in den Hintergrund geraten.“
(lf)
Fotos: FC St. Pauli