„Ein Erlebnis, welches ich nie vergessen werde“
Mittwoch, 18. Juni 2014, 16:40 Uhr
Es war der letzte Spieltag der Saison 1994/95. Die Kiezkicker führen am Millerntor gegen den FC Homburg 08, durch die Tore von Sawitschew (20.), Driller (32.), Scharping (37., 84.) und Pröpper (57.), mit 5:0. Die Euphorie auf den Rängen ist riesig – noch wenige Minuten überstehen und der Aufstieg in die Bundesliga ist perfekt. Tausende von Fans sind bereits über die Zäune geklettert und warten an allen vier Seiten des Spielfeldes unmittelbar hinter der Spielfeldbegrenzung sehnsüchtig darauf, dass der Schlusspfiff von Schiedsrichter Bodo Brandt-Chollé doch endlich ertönen möge.
In der 87. Minute der Begegnung ertönt nach einem Foul ein Pfiff, der alle Dämme brechen lässt. Dass Brandt-Chollé eigentlich auf den Elfmeterpunkt zeigt, registrieren die Anhänger der Braun-Weißen nicht. Sie glauben den Schlusspfiff gehört zu haben und stürmen das Spielfeld. Doch ist das Spiel abgepfiffen? Falls nein, droht nun ein Spielabbruch? Schnell versucht Stadionsprecher Rainer Wulff die Fans zu beruhigen: "Bitte bewahrt die Ruhe und verlasst sofort den Platz". Dann die Erlösung durch Ex-Vizepräsident Christian Hinzpeter: "Ich habe eben mit dem Schiedsrichter gesprochen. Das Spiel wird mit 5:0 für uns gewertet“.
Vor einigen Tagen haben wir über unsere offizielle Facebook-Seite einen Aufruf gestartet und unsere Fans darum gebeten, uns ihre Erinnerungen an diesen denkwürdigen Tag zu schildern. Einige beeindruckende Schilderungen lest Ihr nun hier:
Udo Rieseler: „Ich war in der Nordkurve als Ordner eingeteilt. Wir hatten tatsächlich die Order nach Spielschluss die Fluchttore zu öffnen. Als der Schiri dann den Elfer Pfiff, ging alles drunter und drüber selbst unser Einsatzleiter verlor den Überblick und sagte wir sollen die Tore öffnen. Alle stürmten auf den Platz und der Schiri machte dabei keinen glücklichen Eindruck. Der Stadionsprecher rief, dass noch nicht Schluss sei und alle den Platz wieder verlassen müssen. Das war ein Akt die Leute wenigstens an den Rand zu bekommen. Dann pfiff der Schiri die Partie ganz ab und im ersten Moment dachten die Zuschauer, er hätte das Spiel abgebrochen und haben uns Ordner angemacht: "Warum habt Ihr die Fluchttore aufgemacht, wegen Euch steigen wir jetzt nicht auf". Riesen Ärger bis zu uns durch gedrungen war, dass es der Schlusspfiff war und sich alle in den Armen lagen. Ein Erlebnis welches ich nie vergessen werde.“
Frederice Pusteblume: „Ich war schwanger und stand in der Nord, hinter dem Tor mit Tanja und meinem Bruder. Die Menge drängelte in der zweiten Hälfte der zweiten Halbzeit nach vorn. Ich wurde mit dem Bauch gegen den Zaun gequetscht. Tanja versuchte mich zu schützen. Aber das gelang nicht wirklich. Mario, der Ordner, sah meine Notlage. Er öffnete das Tor hinter dem Tor zum Feld, um mich raus zu lassen, wohl wissend, dass die Menge dann mit auf’s Feld stürmen würde. So war das dann ja auch. Dann der Pfiff und alle, die sich eh schon auf dem Rand des Feldes befanden, stürmten auf's Feld. Ich blieb hinter dem Tor stehen. Ich habe heute noch ein schlechtes Gewissen, weil das Tor ja meinetwegen geöffnet wurde. Mein Sohn kam im Januar 96 gesund zur Welt.“
Hendrik Behrens: „Ich war dabei. Ich hatte soviel Schiss, dass das am grünen Tisch noch anders gewertet wird. Ich stand genau da, wo auch das Foto gemacht wurde. Das heißt ich schwebte, denn das war so voll, dass man eher getragen wurde und kaum Bodenkontakt hatte. Da waren gefühlt 40.000 drin...“
Tobias Harder: „Ich war 16 und hatte mich mit meinen Kumpels auf den Zaun gesetzt, um dem Gedränge aus dem Weg zu gehen. Als dann plötzlich alle auf den Platz stürmten, sprang ich runter und riss mir dabei meine Hose auf... den Rest des Tages ging’s dann mit blankem Arsch durch Hamburg.“
Für unsere Freunde der Bewegbilder: hier gibt’s ein Video mit den Highlights vom Aufstieg zum genießen: KLICK.
(rh)
Foto: Witters