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FC St. Pauli trauert um walter frosch

Gelbe-Karten-König, beinharter Verteidiger, Mitglied der von Fans gewählten „Jahr100-Elf“ des FC St. Pauli – das alles und noch mehr war Walter Frosch. Jetzt hat ein großes St. Pauli-Herz aufgehört zu schlagen.

Auf St. Pauli war Walter Frosch schon gut 30 Jahre lang eine Kultfigur, da wurde er durch ein Internet-Video schlagartig auch deutschlandweit berühmt. Die Szene stammt von einem „Tag der Legenden“ vor ein paar Jahren. „Was haben Sie denn da im Stutzen?“, fragt ein Feldreporter Walter Frosch vor laufender Kamera und zeigt auf dessen Beine. „Zigaretten!“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. „Und warum haben Sie die mit auf dem Spielfeld?“ hakt der Journalist etwas ungläubig nach. Antwort Walter Frosch: „Ich bin schnell eingewechselt worden, da habe ich sie noch dabei gehabt.“

Über 2 Millionen Mal wurde das 36-Sekunden-Video mittlerweile geklickt. Fußballfans in der ganzen Republik freuten sich an Walter Froschs Humor und seiner rauchigen Stimme. Doch das Video hat auch eine tragische Seite: Schon da war Walter Frosch vom Krebs gezeichnet, und seine Leidenschaft für das Rauchen hatte, wie er selbst betonte, seinen Teil dazu beigetragen. „Dass ich nicht gesund gelebt habe, weiß ich selbst“, sagte er einmal.

Als der Verteidiger 1976 vom 1. FC Kaiserslautern ans Millerntor wechselte, eilte ihm der Ruf eines „unsteten Lebenswandels“ voraus. Und der Kiez schien nicht das schlechteste Pflaster für ihn, der das Leben stets in vollen Zügen genoss. Die Geschichten, die sich um Walter Frosch und seine Espakaden ranken, scheinen unendlich. Er war immer für einen Spruch gut und sich für keine Schlagzeile zu schade. Ganz nach seinem Motto: „Es muss jeden Tag was in der Zeitung stehen. Egal, ob gut oder schlecht.“

Zum Publikumsliebling wurde Walter Frosch am Millerntor jedoch vor allem wegen seiner kompromisslosen Art auf dem Platz. Umso überraschender die Beteuerung seines damaligen Mannschaftskameraden Jürgen Rynio: „Walter war schnell und konnte fast körperlos spielen. Den ‚Kartenkönig’ hätte er gar nicht nötig gehabt“. Rynio spielt damit vor allem auf die Saison 1976/77 an: 18- oder 19mal sah Frosch den gelben Karton – „kicker“ und „Abendblatt“ von damals sind sich nicht ganz einig, weil sie mit dem Zählen offenbar nicht hinterher kamen. Froschs Rekord veranlasste den DFB, kurze Zeit später eine automatische Sperre nach einer bestimmten Anzahl Gelber Karten einzuführen.

Am Ende jener Saison stand der Aufstieg in die 1. Bundesliga – der erste in der Geschichte des FC St. Pauli. Höhepunkt der sportlichen Karriere von Walter Frosch war wohl der legendäre Derbysieg beim HSV am 3. September 1977 (2:0). Neben der Punkteprämie kassierte Frosch noch 500 Mark extra – denn vor dem Spiel hatte er auf Sieg gewettet. „Nur Optimisten wetten“, gab Frosch zu Protokoll. „Pessimisten haben keinen Mumm dazu.“

Ein Optimist ist Frosch immer geblieben. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn übernahm er als Pächter die „Victoria-Klause“ an der Hoheluft, war aber auch am Millerntor regelmäßiger Gast und als Gastronom aktiv. Anlässlich des 100. Geburtstags des FC St. Pauli wählten die Fans ihn in die „Jahr100-Elf“ des Vereins – in der Verteidigung zusammen mit Größen wie Karl Miller oder André Trulsen. Walter Frosch hätte es sogar zu internationalen Ehren bringen können – doch als Jupp Derwall ihn einst in den Kader für die B-Nationalmannschaft berufen wollte, soll Frosch ihm geantwortet haben: „Ein Walter Frosch spielt nur A-Nationalmannschaft oder Weltauswahl.“

Seine Krankheit bekämpfte er mit dem gleichen Mut und der gleichen Entschlossenheit wie einst seine Gegner auf dem Platz. Ein Wort des Jammerns kam ihm dabei nie über die Lippen. Nun hat Walter Frosch den Kampf gegen den Krebs im Alter von nur 62 Jahren verloren. Die St. Pauli-Familie gedenkt eines großen Sportlers und Menschen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und denen, die ihm nahestanden.


(mp)

Foto: Witters

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