Immer und Überall
Dienstag, 02. Juli 2013, 14:11 Uhr
Seit dem Auffliegen der NSU-Terrorzelle ist das Thema rechte Gewalt in aller Munde. Es werden Ausschüsse und Kommissionen gebildet, konsequente Aufklärung gefordert und die Bürger zu mehr Zivilcourage aufgerufen. So viel Elan hätte sich Jörn Menge schon lange vor dem Skandal gewünscht. „Opferberatungsstellen erfassen seit 1990 eine relativ konstante Zahl von jährlich etwa 3.000 Fällen rechter Gewalt. Dabei kommt es auch immer wieder zu Todesopfern. Doch erst ein Fall wie der des NSU schafft die nötige Aufmerksamkeit für dieses Problem“, ärgert sich der Gründer von Laut gegen Nazis und erinnert sich an die Anfänge seines eigenen Engagements.
Zurück ins Jahr 2004. Die massiven ausländerfeindlichen Auswüchse der Nachwendezeit liegen bereits einige Jahre zurück und die Wogen der öffentlichen Empörung haben sich längst geglättet. Doch das Problem ist damit längst nicht beseitigt und es kommt weiterhin zu gewalttätigen Übergriffen – immer wieder. Dass es in Deutschland Orte, Stadtteile, ganze Landstriche gibt, wo die Neonazi-Szene ihr braunes Gedankengut weitgehend ungestört verbreitet und den Rest der Bevölkerung mit ihrem aggressiven Auftreten einschüchtert, findet Jörn unerträglich. Er beschließt, dem weiter wachsenden Rechtsextremismus etwas entgegenzusetzen. Doch was kann er allein schon ausrichten?
In vielen der sogenannten Brennpunkte gibt es bereits Initiativen gegen rechts, allerdings fehlt es diesen meist an Mitteln, um auf sich aufmerksam zu machen und breitere Unterstützung zu finden. Jörn überlegt. Aus seiner Tätigkeit in der Musik- und Medienbranche kennt er zahlreiche Persönlichkeiten, von denen er weiß, dass sie seine Überzeugung teilen. Wenn man einige von ihnen für die Sache gewinnen könnte… Er greift zum Telefon.
Das ist der Beginn der Kampagne Laut gegen Nazis. In den folgenden vier Jahren entsteht unter diesem Namen ein großes Netzwerk, welches Initiativen und Bündnisse überall in Deutschland zusammenbringt, sie bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt, Veranstaltungen vor Ort begleitet und kontinuierliche Beratung bietet. Bis 2008 ist Laut gegen Nazis an über 60 Aktionen bundesweit beteiligt, vom Infostand auf Dorffesten irgendwo im Niemandsland bis hin zur Gegendemonstration beim Naziaufmarsch in der Großstadt. Highlights sind die Konzerte bekannter Künstler und Bands, mit denen Initiativen gegen rechts direkt vor Ort unterstützt werden – manchmal mitten in Nazi-Hochburgen. „Wir nutzen die Popularität unserer Partner aus Musik, Sport, Schauspiel und Gesellschaft, um die Menschen für das Thema zu sensibilisieren und eine bessere Verhandlungsgrundlage mit der Politik zu schaffen. So können wir die Meinungsbildung beeinflussen und zivilgesellschaftlichen Widerstand stärken“, erklärt Jörn das Konzept.
