zur sicherheitskonferenz
Mittwoch, 18. Juli 2012, 19:07 Uhr
Am Dienstag fand in Berlin eine Sicherheitskonferenz von DFL und DFB statt. Welchen Inhalt hatte das Zusammentreffen aller Fußball-Proficlubs?
Dr. Bernd-Georg Spies: Beschlossen wurde ein Verhaltenskodex der eigentlich bekannte Regeln des Zusammenlebens in Stadien, auch gerade wie wir sie in der Stadionordnung modifiziert haben, noch einmal bekräftigt. Man darf sich ja noch einmal in Erinnerung rufen: Es waren ja nicht nur die 36 Erst- und Zweitligisten, sondern auch die 20 Drittligisten zugegen, weil deutlich zu spüren ist, dass es einen sehr großen Druck der Politik gibt, jetzt überzureagieren und zum Beispiel ein generelles Verbot von Stehplätzen ins Auge zu fassen. Auch die Überwälzung der Kosten von Polizeiarbeit in und um Fußballstadien herum den Vereinen aufzubürden, wird immer wieder ins Rennen gebracht. Insofern ist es der richtige Schritt - auch von DFL/DFB - nach vorne zu gehen und mit diesem Verhaltenskodex zu sagen, es gibt ein Grundgerüst an Werten, die müssen eingehalten werden.
Es sollen aber auch Maßnahmen im Rahmen eines Katalogs verabschiedet worden sein. Stimmt das?
Michael Meeske: Über den Maßnahmenkatalog wurde diskutiert, er wurde aber nicht zur Abstimmung gebracht. Diesen gilt es sicherlich nochmal im Detail anzuschauen. Nahezu alle Vereine haben klar gemacht, dass der so pauschal nicht abgesegnet werden könne. Und das ist auch von den Verbänden DFL und DFB so akzeptiert worden. Das wird Aufgabe der nächsten Wochen und Monate sein, die einzelnen Maßnahmen zur Umsetzung - zur Detaillierung des Kodexes - gemeinsam festzulegen. Da werden wir unsere Meinung einbringen und die wird dann vielleicht anders sein, als die anderer Vereine. Wir werden versuchen, das Bestmögliche durchzusetzen.
Spies: Der Kodex ist von den dort anwesenden Vereinen für richtig befunden worden. Weil er bekannte Werte, die auch in unserer Stadionordnung stehen, zusammenfasst und der Politik mit ihren Maximalforderungen, entgegentritt.
Meeske: Er sagt ja zum Beispiel nur konsequente Sanktionierung, nicht Erhöhung der Sanktionen aus.
Wie hat man sich eine solche Diskussion vorzustellen?
Spies: In der Diskussion ist sehr differenziert die gesamte Situation erörtert worden. Zum Beispiel muss man sich sehr gut überlegen, ob mit einer einfachen oder vordergründigen Verlängerung von Stadionverboten dem Problem wirklich Herr zu werden ist. Das ist dezidiert in der Diskussion herausgekommen. Man muss sich dieser Frage differenzierter zuwenden und kann nicht mit einer Sitzung, die de facto eine Stunde gedauert hat, alle Probleme abschließend klären. Im Übrigen ist auch sehr deutlich gemacht worden, dass wir besonderer Leidtragender einer ungeklärten Situation waren. Wenn man noch einmal vier Monate zurückgeht und an den bundesweiten Präzedenzfall denkt, der beinhaltete, dass uns untersagt wurde, an die Rostocker Karten zu verkaufen, hat dieser uns ja dazu veranlasst, bis vor das Oberverwaltungsgericht zu ziehen, weil wir für die Fanrechte eingetreten sind. Auch das sind Dinge, die in der letzten Saison passiert sind, die man nicht einfach unter den Tisch kehren kann. Das alles muss aufgearbeitet werden. Natürlich wurde in der Diskussion sehr stark Bezug auf die Ereignisse beim Relegationsspiel Karlsruhe gegen Regensburg und beim Relegationsspiel Düsseldorf gegen Hertha genommen. Aber man muss sich davor hüten und das war auch Thema der Diskussion, jetzt zu Schnellschüssen zu kommen. Insofern ist eine sehr strikte Trennung zwischen dem Verhaltenskodex, wo Grundwerte festgehalten werden, und dem Maßnahmenkatalog, der einzeln nochmal genau unter die Lupe genommen werden muss, nötig.
Gibt es schon eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts?
Spies: In der Eilsache ist bekanntlich gegen uns entschieden worden. In der Hauptsache gibt es noch keine Entscheidung. Ich möchte in diesem Zusammenhang gern erwähnen, dass wir den Sicherheitsbeauftragten des DFB eingeladen haben, nach Hamburg zu kommen und mit ihm darüber zu reden, was wir eigentlich aus dem Verfahren vom Oberverwaltungsgericht in Sachen Rostock gelernt haben. Zum Beispiel, dass wir uns dringend der Frage zuwenden müssen, wie aussagekräftig die Datei „Gewalttäter Sport“ eigentlich ist. Die hat sich nämlich, so wie sie derzeit mit Leben gefüllt wird, bei dem Verfahren als sehr wenig hilfreich gezeigt. Das kann keine Basis sein, auf der man in Zukunft polizeiliche Entscheidungen treffen kann.
Zurück zur Sicherheitskonferenz. Zusammengefasst heißt das also, dass der Maßnahmenkatalog keineswegs von den Vereinen beschlossen worden ist?
Meeske: Der Katalog ist Ergebnis einer Arbeitsgruppe, die aber nicht repräsentativ für alle Vereine ist. Jetzt sind das erste Mal Vereine an diesem Entscheidungsprozess im weiteren Sinne beteiligt worden, wobei ich es noch einmal wiederholen möchte: Zu diesem Thema fand keine Abstimmung statt. Es ist nur der Kodex unterzeichnet, nicht aber die einzelnen Maßnahmen zur Auslegung des Kodex verabschiedet worden.
Spies: Dieser Maßnahmenkatalog ist auch gar nicht so als Katalog besprochen worden, sondern als Handlungsfeld. Das zeigt, wie offen die Diskussion ist. Das ist eigentlich eine Sammlung von Ideen, eine Sammlung von Ansatzpunkten, die man gehen könnte. Das zeigt einfach, dass da hart gearbeitet werden muss, und dass das keineswegs mit Dienstag beendet ist. Ganz im Gegenteil: die Diskussion ist jetzt erst eröffnet.
Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?
Meeske: Die Verbandsvertreter sind davon ausgegangen, dass das Ganze nicht vor Ende des Jahres beschlossen sein kann. Das zweite Halbjahr soll dazu genutzt werden, um eine Bestandaufnahme zu machen. Was gibt es eigentlich schon, was wird aktuell schon in den einzelnen Bereichen gemacht, die da skizziert wurden? Was kann man da noch verbessern? Dann soll das zur Diskussion gestellt werden und dann irgendwann sicherlich auch beschlossen werden.
(cbö)
Fotos: Inside-Picture