Gemeinsamkeiten statt Unterschiede sehen, Mitverantwortung übernehmen!
Donnerstag, 08. Mai 2025, 09:00 Uhr
Beim Heimspiel gegen den VfB Stuttgart hat es am Millerntor verschiedene Vorfälle gegeben. Der FC St. Pauli möchte dazu einige grundsätzliche Punkte feststellen zu unserem Selbstverständnis und zum Umgang miteinander.
Im Gästebereich hat mindestens eine Person einen Hitler-Gruß gezeigt. Die Polizei hat Ermittlungen eingeleitet, der FC St. Pauli wird weitere Schritte im Hinblick auf ein Stadionverbot folgen lassen. Selbstverständlich ist am Millerntor kein Platz für rechtsextreme Codes, Sprüche oder Zeichen. Dies ist in unserer Stadionordnung auch eindeutig so festgehalten.
Genauso werden wir weiterhin konsequent gegen sexistisches und übergriffiges Verhalten vorgehen; wir möchten in diesem Zusammenhang auf die wichtige Arbeit des Awareness-Teams hinweisen, die für betroffene Personen rund um die Heimspiele ansprechbar sind.
Stadionordnung kann nicht alles regeln
So klar die Stadionordnung in diesen Punkten ist, kann diese nicht politischen Themen regeln, die polarisieren. So hat ein Banner in der Nordkurve mit der Aufschrift „Genozid in Gaza stoppen“ für Kritik und viele Diskussionen in der Fanszene gesorgt.
Es ist gut und wichtig, dass es solche Diskussionen gibt. Grundsätzlich gilt, dass wir Meinungsfreiheit respektieren, uns aber einen verantwortungsvollen Austausch erhoffen, der nicht auf möglichst polarisierende Schlagworte setzt. Zudem ist der FC St. Pauli für die Sicherheit im Stadion verantwortlich und muss gegebenenfalls einschreiten, falls Banner zu Auseinandersetzungen im Stadion führen können. Wir werden uns zu gegebener Zeit noch ausführlicher zu dem Thema äußern, da auch unbelegte und falsche Vorwürfe gegen den Verein erhoben wurden.
Diskussion über Banner zu tödlichen Schüssen auf Lorenz A.
Starke Kritik hat den FC St. Pauli wegen der Banner zum Tod von Lorenz A. in Oldenburg durch Polizeischüsse erreicht, auf denen Polizisten generell als Mörder bezeichnet wurden. Auch hier gilt, dass wir Meinungsfreiheit selbstverständlich respektieren, aber auch dazu aufrufen, nicht vorzuverurteilen, sondern Aufklärung zu fordern.
Dieser Forderung nach Aufklärung und ggf. Konsequenzen schließen wir uns an, denn insbesondere staatliche Stellen müssen die Gleichbehandlung von Menschen garantieren und der Verdacht auf Rassismus wiegt besonders schwer.
Würfe auf Schiedsrichter und Ordner
Es gibt noch einen anderen Punkt zu erwähnen: Nach dem Spiel flogen von allen Tribünen und insbesondere der Haupt- und der Südtribüne, Hartplastikbecker auf die Schiedsrichter und Ordner*innen, die diese schützten. Dies ist nicht akzeptabel und wird für einige Fans möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen haben, da die Polizei Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung einleiten wird. Auch das Übersteigen von Zäunen ist Teil der Überprüfung von Maßnahmen wie Stadionverboten.
Wir können die Verärgerung über einige Entscheidungen des Schiedsrichters und den Spielausgang nachvollziehen; der FC St. Pauli nimmt aber Becherwürfe, die durchaus für Verletzungen sorgen können, und versuchte körperliche Attacken nicht hin. Wir sind stark irritiert, dass Mitarbeitende und Dienstleister des Vereins bespuckt und bepöbelt wurden. Diese Entgleisungen und die Würfe haben am Millerntor nichts zu suchen. Dies ist Konsens all unserer Dialoge, die wir im Fan- und Vereinsumfeld stetig führen!
Mitverantwortung übernehmen!
Unsere Stadionordnung wird nicht alle Probleme und Konfliktthemen im Stadion regeln können – und das wollen wir auch gar nicht. Es wird immer Diskussionen und Kontroversen geben, und das ist auch gut so. Grundsätzlich appelliert der FC St. Pauli aber an alle, respektvoll miteinander umzugehen und Mitverantwortung zu übernehmen. Wir wollen in unserem Stadion Austausch und Meinungspluralität zulassen und leben, wir wollen genauso, dass sich alle Menschen hier sicher fühlen.
Wir wünschen uns einen Fußball und Menschen, die politisch sind und sich mit den schwierigen Themen unserer heutigen Zeit angemessen auseinandersetzen. Ideologische Schlammschlachten, sehr einseitige Zuspitzungen, Grabenkämpfe auf Social Media und Wortklaubereien bringen uns hingegen kein Stück weiter auf dem Weg, solidarisch und fair miteinander umzugehen. Wir wollen Gemeinschaft fördern und Raum bieten für konstruktive Diskussionen.
Gemeinsamkeiten nicht vergessen
Daher appelliert der FC St. Pauli: Achtet aufeinander, nehmt Rücksicht – und vergesst nie die gemeinsamen Werte, die wir teilen. Wir sind solidarisch mit allen Opfern von Krieg und Terror, mit allen Menschen, die sich für Fortschritt und Vielfalt einsetzen, die sich gegen menschenfeindliche Einstellungen engagieren.
Behaltet die Gemeinsamkeiten im Blick, statt nur mögliche Differenzen zu sehen. Wir leben in schwierigen Zeiten und müssen viel Energie aufbringen, um uns gesellschaftlich gegen autoritäre und reaktionäre Kräfte zu behaupten – und sportlich im ungleichen Wettbewerb der Bundesliga zu bestehen.
Bleibt stabil. Bleibt zusammen. Voran FC St. Pauli!
(pg)
Foto: FC St. Pauli