Heidenheims Robert Strauß: "Nach oben geht's über die Treppe, nicht über den Aufzug"
Freitag, 02. Februar 2018, 10:00 Uhr
Seit 2012 kickt er für den FC Heidenheim, bestritt seitdem 177 Spiele. Rechtsverteidiger Robert Strauß gehört zu den erfahrensten Profis im Team von Cheftrainer Frank Schmidt. Im Vorfeld der Partie gegen unseren FC St. Pauli haben wir mit dem 31-Jährigen über das Geheimnis der Heidenheimer Konstanz, einen Neustart in Sachen Fußball und einen Mythos aus Kindertagen gesprochen.
Moin Robert, nach einem schwachen ersten Saisondrittel habt Ihr aus den vergangenen neun Spielen starke 18 Punkte geholt. Was läuft im Vergleich zum Saisonbeginn mittlerweile besser?
Mit dem Zweitrunden-DFB-Pokalspiel in Regensburg kam die Wende zum Positiven. Es war eine Chance für uns, abseits des Ligaalltags Selbstvertrauen zu tanken. Wir haben intensive Gespräche geführt und uns in unserem Spiel auf die grundlegenden Tugenden besonnen. Seitdem hatten wir in jedem Spiel die Chance zu Punkten und haben das dann auch regelmäßig geschafft. Jeder weiß mittlerweile, dass wir nur zusammen erfolgreich sein können und die Arbeit vor dem Lohn kommt.
46, 45, 46 – das ist die Punkteausbeute Eurer bisherigen drei Zweitligasaisons. Wie erreicht man als vergleichsweise kleiner Verein auf Anhieb eine solch beeindruckende Konstanz?
Wir haben in jeder Saison versucht, so schnell wie möglich Punkte zu sammeln, um mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben. Beim FCH wird sehr akribisch und konzentriert gearbeitet. Ein gern verwendetes und oft gehörtes Zitat in unserem Umfeld lautet: "Nach oben geht's in kleinen Schritten über die Treppe und nicht über den Aufzug." Das trifft unsere Mentalität sehr gut, dass man arbeiten muss, um Erfolg zu haben.
Ist eine ähnliche Punktzahl auch diese Saison das Ziel?
Diese Punktzahl würde bedeuten, dass wir mit dem Abstieg, trotz schwachem Saisonstart, relativ frühzeitig nichts mehr zu tun haben. Das ist unser aller Ziel. Momentan konzentrieren wir uns aber darauf, von Spiel zu Spiel zu arbeiten und in jeder Partie schwer zu besiegen zu sein. Dann werden wir auch die nötigen Punkte sammeln.
Ihr habt Euch in den vergangenen drei Spielzeiten defensiv immer verbessert - erst waren es 44, dann 40 und zuletzt 39 Gegentore. In dieser Spielzeit habt Ihr nach 20 Spielen schon 36 Gegentore hinnehmen müssen. Wie erklärst Du Dir diese Entwicklung?
Wir haben in der Vorrunde als Mannschaft nicht gut verteidigt und infolgedessen zu viele einfache Gegentore bekommen. In der Wintervorbereitung haben wir hart gearbeitet, um uns gerade im defensiven Bereich zu verbessern und zu alter Stärke zurückzufinden. Jeder weiß jetzt, was zu tun ist, um erfolgreich zu sein, und die Rückrunde wird zeigen, inwiefern wir das Trainierte auf den Platz bekommen.
Du hattest in der Hinrunde und im gesamten Jahr 2017 mit hartnäckigen Verletzungen zu kämpfen. Wie schwer fiel es dir, danach wieder in den Rhythmus und zur nötigen Fitness zu finden?
Im Februar 2017 erlitt ich einen Bandscheibenvorfall, der mich bis zum Oktober desselben Jahres immer wieder vor Probleme stellte. Ich konnte zwar relativ früh schon wieder trainieren, an meine Topleistung bin ich aber nicht annähernd herangekommen. Meine gesamte Körperhaltung hatte sich etwas verändert und erst seit zwei, drei Monaten bin ich wieder in der Lage, der Mannschaft mit Leistung zu helfen.
Nach Deiner Zeit beim FC Augsburg bist Du zunächst nach Aue gewechselt, hast dort in zwei Jahren aber nur 13 Pflichtspiele bestritten. Seit 2011 in Heidenheim, in der Nähe Deines Geburtsorts Großsorheim, lief es dann wieder besser für Dich. Ist Dir die Nähe zu Deiner Heimat wichtig, um auch auf dem Platz zu funktionieren?
In Aue hat für mich wenig bis gar nichts funktioniert. Ich war froh, wieder zurück in meine Heimat wechseln zu können, um nochmal einen Neustart in Sachen Fußball zu starten. In Heidenheim erlebe ich die schönste Zeit meiner Fußballkarriere. Es ist für mich sicher kein Nachteil, in gewohntem Umfeld zu agieren und Familie und Freunde in meiner Nähe zu haben.
Zuhause habt Ihr gegen den FC St. Pauli bis jetzt immer gewonnen, was macht Euch so heimstark gegen die Kiezkicker?
Damit habe ich mich bislang noch überhaupt nicht beschäftigt. Für mich persönlich ist es immer etwas Besonderes, gegen den Kultverein St. Pauli spielen zu dürfen, dessen Mythos ich schon in Kindertagen am Fernseher miterleben konnte. Vielleicht geht es meinen Mitspielern genauso.
Auch Du selbst hast gegen den FC St. Pauli mit sechs Siegen aus neun Spielen eine gute Bilanz. Was erwartest Du für eine Partie am Wochenende?
Ich erwarte ein hart umkämpftes Spiel. In dieser Saison liegen die meisten Teams sehr eng zusammen und es kommt viel auf Wille und Bereitschaft an. Beide Mannschaften trennt nur ein Punkt und unser Ziel ist es natürlich, nach diesem Spiel in der Tabelle vor unserem Gegner zu stehen. Fußball ist eine Art Fehlerspiel: Wer mehr davon macht, wird es schwer haben zu gewinnen.
Vielen Dank für das Gespräch!
(jb)
Fotos: Eibner