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"Ein Stern der Hoffnung am Himmel Europas"

Padre Carlo ist die gute Seele von Syrakus. Er ist Anker und Hilfe für Geflüchtete, die keine Möglichkeit haben, in der italienischen Gesellschaft Fuß zu fassen, weil ihnen der Staat nicht erlaubt anzukommen und sie aufgrund ihrer Herkunft kriminalisiert. Das Projekt Seehilfe unterstützt den Padre seit 2015 in seiner Arbeit. Wir hatten die Chance, mit ihm über die Stimmung in Italien, das Europa von heute und einen Weg aus der aktuellen Situation zu sprechen.

"Blicke ich auf Europa, werde ich traurig, weil die Werte der EU verraten werden", sagt Padre Carlo im Garten seiner Kirche. Ein Garten, der sieben Tage in der Woche Treffpunkt für die Menschen ist, die er bei sich aufgenommen hat. Menschen, die von Europa nicht gewollt und von Italien nicht aufgenommen wurden. Nun sind sie zum größten Teil illegal in Italien und haben keine Chance auf ein Weiterkommen.

Padre Carlo hat sich vor 30 Jahre entschlossen, diesen Menschen ein Zuhause zu geben. In den Räumlichkeiten seiner Kirche und seiner Wohnung leben aktuell 15 Geflüchtete aus Nigeria, Gambia und dem Senegal. Zeitweise sind es bis zu 30. In seinem Tun fühlt er sich allein. "Die Stimmung hier vor Ort und in ganz Italien ist geprägt von Vorurteilen, Ängsten und Rassismus. Ich gehöre zu einer Minderheit, für die es normal ist, Menschen zu empfangen und sie aufzunehmen", schildert er die Situation, mit der er und die Geflüchteten tagtäglich konfrontiert werden.

Ein Blick in seine Kirche unterstreicht das Handeln von Padre Carlo. An den Wänden des orange und gelb gestrichenen Gotteshauses hängen bunte Gemälde von Persönlichkeiten, die durch ihre Ideale die Gesellschaft verändert und geöffnet haben. Martin Luther King, John Lennon und Nelson Mandela blicken auf die Gemeindemitglieder während des Gottesdienstes (im Übrigen hängt hier nun auch die Regenbogenfahne des FC St. Pauli). Diese Kirche ist ein Ort der Hoffnung und der Gemeinsamkeit.

Dass sich eine Gesellschaft nur gemeinsam entwickeln kann, betont Padre Carlo: "Das Verständnis dafür, dass die Vermischung von Völkern wichtig ist und wichtig sein wird, um Hoffnung für die kommenden Zivilisation zu haben, ist elementar." Dieses Verständnis vermisst der 64-Jährige aktuell in Syrakus, in Italien und in Europa. "Mir hat vor Kurzem ein Mädchen gesagt, dass sie Angst vor den schwarzen Männern habe, die bei mir leben", erinnert sich der Padre an eine Begegnung mit einer jungen Sizilianerin.

"Eigentlich sind wir in Europa bereits viel weiter. Die Grenzen sind gefallen, wir haben eine einheitliche Währung und unsere Jugendlichen pflegen einen regen Austausch. Aber nun sind wir in einer Sackgasse. Es ist eine Phase des Rückschrittes", analysiert er mit Blick auf den europäischen Kontinent. Doch was ist die Lösung? "Die Menschen müssen verstehen, was Globalisierung bedeutet. Es bedeutet nicht, dass Handelsgüter von rechts nach links geschoben werden, sondern es bedeutet Austausch und Neugierde", appelliert er, den Blick nicht nur auf wirtschaftliche Interessen zu richten, sondern auf die Begegnung und auf das Beisammensein.

Was kann der Sport hier tun? "Die Tatsache, dass ein Verein aus Deutschland hier ist, um auf das Problem aufmerksam zu machen und den Menschen hier zu helfen, sich zu integrieren, ist ein Erfolg an sich. Die Werte des Sports und des Fußballs können zu einer Öffnung beitragen", freut sich Padre Carlo über den Besuch des FC St. Pauli und des Projektes Seehilfe. "Es ist ein Stern der Hoffnung am Himmel Europas."

 

(lf)

Fotos: Ben Wessler

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