Leon Flach: "Davon kann ich mir nichts kaufen"
Donnerstag, 15. Oktober 2020, 10:00 Uhr
Leon Flach weiß, dass das erst der Anfang war. Die ersten fünf Minuten plus Nachspielzeit Profifußball am Millerntor gegen Heidenheim seien ein erster Schritt auf einem langen Weg gewesen. Der 19-Jährige ist der jüngste Spieler im Kader von Cheftrainer Timo Schultz. Flach ist für sein Alter äußerst selbstreflektiert und zukunftsorientiert. Er weiß, wo er hinwill und was er dafür tun muss.
Am zweiten Pfosten war Flach seinen Bewachern entwischt. Der Linksfuß musste die scharfe Hereingabe von Cemal Sezer im Fünfmeterraum nur noch über die Linie drücken. Das 3:0 für die U23 bei Tabellenführer Teutonia 05 am vergangenen Sonntag (11.10.) war sein erstes Tor in seinem ersten Herren-Pflichtspiel über 90 Minuten überhaupt.
Seit dem Trainingslager mit der Lizenzmannschaft in Herzlake zählt Flach, der die Vorbereitung beim Regionalliga-Team begann, in der U23 als Leihgabe der Lizenzmannschaft. Das Eigengewächs überzeugte Schultz, seinem ehemaligen Jugendtrainer, auch im Profikontext. "Am Anfang war ich als junger Spieler super nervös", gesteht Flach. "Da war es schon ein Vorteil den Trainer aber auch ein paar Spieler schon zu kennen. Die Mannschaft hat mich gut aufgenommen und das macht es einfacher, früh Fuß zu fassen."
Schon als B-Jugendlichen band der FC St. Pauli den damaligen Nachwuchsspieler mit einem Profivertrag an den Verein. In seiner Zeit als Kiezkicker hat Flach einen Entwicklungsprozess und viele Erfahrungen durchlebt. Mittlerweile ist er in seinem fünften Jahr bei Braun und Weiß. "St. Pauli ist ein guter Verein, um den Durchbruch zu schaffen", verrät der Youngster. "Wir haben jedes Jahr die Profis an der Kollau nebenan trainieren sehen. Das Ziel war es, oben anzukommen. Der Austausch zwischen Profis und Nachwuchs war immer gut, in Sachen Nachwuchs macht der Verein einen richtig guten Job und braucht sich nicht zu verstecken."
Flach spricht sehr geerdet mit den Journalist*innen über die vergangenen Wochen. Die erste Zeit als Fußballprofi, sein erster Zweitliga-Einsatz, die vielen Gratulationen, die ihn per WhatsApp erreichten und dass das alles ohne seine Familie nicht möglich gewesen wäre. Er strahlt kurz bei der Erinnerung, ist aber sofort wieder fokussiert. "Ich kann mir nicht viel davon kaufen, dass ich ein paar Minuten gespielt habe", erklärt Flach. "Das Ziel ist es, davon mehr zu bekommen. Das war ein erster Schritt auf einem langen Weg. Dieser Weg hat jetzt angefangen."
Schon das Jahr 2020 begann besonders für Flach. Der gebürtige US-Amerikaner reiste im Januar zur U20-Nationalmannschaft der USA, an der er sofort Gefallen fiel. Flach, der aus Lübeck zu St. Pauli kam, verfügt über beide Staatsbürgerschaften. Er hat die Möglichkeit, für beide Nationalmannschaften zu spielen, entschied sich zuletzt aber für die USA. "Ich bin weiterhin im Austausch mit dem U20-Trainer und rede viel mit den Mitspielern", sagt Flach, dessen Nationalmannschaftskarriere Corona-bedingt pausiert. "Ich hoffe, dass die Camps bald wieder losgehen, weil es schön ist, sich auf dem Niveau zu messen. Bei den USA habe ich in Hinblick auf die WM eine größere Chance, eine Rolle zu spielen. Die Spielzeit ist für die Leistungsentwicklung entscheidend."
Auf welcher Position er zum Einsatz kommt, spielt für ihn keine große Rolle. In seiner Laufbahn habe Flach schon alles gespielt, sieht sich persönlich aber auf der "Sechs" oder als Linksverteidiger. Grundsätzlich spiele er dort, wo der Trainer ihn einsetzt. Am Montag (19.10.) stellt sich aber viel mehr die Frage, für welche Mannschaft der gebürtige Texaner zum Einsatz kommt – beim "kleinen Derby" mit der U23 oder bei den Profis gegen Nürnberg. "Mein Anspruch ist, auf dem höchstem Niveau zu spielen, auf dem ich kann", betont er. "Ich werde alles dafür geben, um am Millerntor gegen Nürnberg im Kader zu sein." Sicher ist: Flach wird immer 100 Prozent geben, um auf seinem Weg weiterzuschreiten.
(ms)
Fotos: FC St. Pauli