Weiterbildung im NLZ: Depression im Leistungssport
Freitag, 04. November 2016, 13:00 Uhr
Im Nachwuchsleistungszentrum des FC St. Pauli waren der ehemalige Profifußballer Martin Amedick sowie der Sportjournalist und Buchautor Ronald Reng im Namen der Robert-Enke-Stiftung zu Gast. Mit einem wichtigen und ernsten Thema im Gepäck: dem Umgang mit psychischen Erkrankungen im Fußball.
Rund 30 NLZ-Mitarbeiter, Chef-, Co-, Athletik-, Mental- und Torwarttrainer hatten sich im Auditorium an der Kollaustraße zusammengefunden. Hinzu kam der komplette Spielerkader der U23-Mannschaft. Allesamt hörten sie nicht nur interessiert zu, als Ronald Reng, Autor der Biografie von Robert Enke, im Dialog mit Ex-Profi-Martin Amedick über das Thema sprach, sie beteiligten sich auch rege an der anschließenden Fragerunde. Zu einem Thema, das immer noch nicht alltäglich erscheint, aber alltäglich sein kann – und zwar für jeden.
„Wie in jedem anderen Beruf kommen psychische Krankheiten wie Depression auch im Fußball vor. Es ist ein wichtiges und ernstes Thema im Leistungssport“, stellte Ronald Reng zu Beginn der Podiumsdiskussion klar. Diese ermöglichte Einblicke in die immer noch tabuisierte Krankheit, ihre Symptome und Auswirkungen und informierte über Leistungssportler, die im Laufe ihrer Karriere an Depression erkrankten.
Martin Amedick, der als Profi für Arminia Bielefeld, Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund, den 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt und zuletzt für den SC Paderborn aufgelaufen war, musste aufgrund einer Depression während seiner Karriere eine Pause einlegen. Der 34-Jährige berichtete von der Zeit, in der er trotz der Erkrankung im Trainingsbetrieb geblieben ist. „In schwierigen Phasen hatte ich stets das Gefühl, eine Maske aufsetzen zu müssen, so dass keiner was merkt. Es sollte nicht zum Thema werden“, betonte Amedick, der hinzufügte: „Irgendwann aber wurde dieser Zustand unerträglich. Es ging nicht mehr und ich bin aus dem Training ausgestiegen. Das war eine große Erleichterung für mich.“
Laut Reng sei ein solcher Ausstieg nicht zwingend erforderlich, um gesund zu werden. Wichtig sei, sich einem Facharzt zu öffnen. Zudem wies Reng auf praktische Hilfsangebote für Trainer und Athleten hin. Nicht zuletzt sind auf der offiziellen Internetseite der Robert Enke Stiftung praktische Tipps zu finden: http://robert-enke-stiftung.de/depression-hilfe/beratungsangebot
Reng betonte, dass Depression jeden, egal ob jung oder alt, treffen könne. Auch die Dauer einer Depression variere stark, häufig aber trete sie drei bis sechs Monate lang auf. Die meisten Erkrankten würden so eine jedoch nur einmal im Leben durchmachen. „Im Rahmen unserer umfangreichen Aktivitäten im Bereich der Prävention, u.a. zu den Themen Sportwetten und Glücksspiel sowie Rassismus und Doping, haben wir einen neuen Baustein aufgegriffen. Wir wollen offen und tabulos Themen ansprechen “, sagt Claus Teister, Pädagogischer Leiter im NLZ. Ihm war in diesem Zusammenhang eine offene Gesprächskultur wichtig. „So, wie es auch die uns wichtige Initiative 'St.Depri – wir sind immer für uns da' tut.“
Und nicht zuletzt hat das Gespräch bei den Anwesenden bleibenden Eindruck hinterlassen. „Im NLZ wollen wir unsere Mitarbeiter, die Trainer, die Spezialtrainer und nicht zuletzt die Spieler weiterbilden. Wir möchten sie für Themen, die nur auf den ersten Blick nicht als NLZ-Themen erscheinen, sensibilisieren. Die Podiumsdiskussion zum Thema ‚Depression‘ hat unsere Erwartungen voll erfüllt. Unser Dank gebührt Martin Amedick und Ronald Reng für ihre Offenheit“, sagte Roger Stilz, Sportlicher Leiter unseres NLZ.
(hb)
Fotos: FC St. Pauli