"Lasst uns eine respektvolle Diskussionskultur beibehalten"
Mittwoch, 01. Dezember 2021, 22:30 Uhr
Am Mittwochabend (1.12.) hielten neben Oke Göttlich und Sandra Schwedler auch Alexander Gunkel (AFM), Jörn Sturm (Amateurvorstand), Suzann Edding (Ehrenrat) und Armin Koch (Kassenprüfer) Reden bei der zweiten ordentlichen Mitgliederversammlung im Jahr 2021. Wie blickte das Quartett auf das vergangene Jahr zurück? Hier eine Zusammenfassung.
Bericht des Amateurvorstands
Jörn Sturm (Foto oben) blickte zunächst auf eine "schwere Zeit" zurück, die seit 20 Monate andauernde Corona-Pandemie habe "uns vieles abverlangt". Dabei betonte er, dass "Sport nicht nur irgendein unwichtiges Gedöns" sei, sondern "Sport und Bewegung unersetzlich für die menschliche Gesundheit" sind. "Sport kann ein Ventil zum Abbau von Überforderungen sein. Sport schafft Zusammenhalt und überwindet Grenzen. Ohne Sport fehlt etwas und gesellschaftlich werden wir noch über viele Jahre die Folgen der Lockdowns beobachten können", erklärte der Vorsitzende des Amateurvorstandes, der etwas später von der Mitgliederversammlung für das zurückliegende Geschäftsjahr 2020/21 entlastet wurde. Die Bekämpfung sei nicht allein eine staatliche Aufgabe, so Sturm weiter. "Es ist auch unsere Aufgabe. Und die einzig erfolgversprechende Strategie gegen die Pandemie ist das Impfen. Eine andere Strategie gibt es nicht. Seid solidarisch und lasst Euch impfen und überzeugt andere, dies auch zu tun."
Ein Lob verteilte er an die vielen Abteilungen, Mitarbeiter*innen und Fans des Vereins. Die vielen Aktionen, wie u.a. Nachbarschaftshilfen oder Sammlungen, machen deutlich, wofür dieser Verein steht. "Solidarität und die Verteidigung der Rechte aller werden so auch praktisch deutlich. Das ist überragend", so Sturm, der anschließend den Abteilungsleitungen sowie allen Aktiven dafür dankte, Hygienekonzepte erstellt zu haben, um so Wegen zu ihrem Sport zu finden, wenngleich dies mit Einschränkungen verbunden war.
Ein Lob sprach Sturm, der bereits seit 50 Jahren im Verein Fußball zu spielt, darauf Axel Michel, Carsten Balschat und Peter Maul für die Zusammenarbeit im Amateurvorstand aus. Ein Sonderlob bekam Bärbel Szibat für ihre 15-jährige ehrenamtliche Tätigkeit als Kassenwartin des Amateurvorstands. Nachdem Sturm Verena Gelder als die Nachfolgerin von Bärbel Szibat und Kerstin Schomburg, die den Amateurvorstand im Bereich Diversität unterstützen wird, vorgestellt hatte, bedankte er sich auch bei allen Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle sowie explizit auch Thomas Michael, dem Geschäftsleiter Amateursport.
Im Amateurvorstand und in den Abteilungsleitungen gibt es verschiedene Herausforderungen, die die Arbeit des Amateurvorstandes bestimmen. "Die Leitlinien unseres Vereins sind dabei das sichere Fundament unserer Haltung. Und diese ist wichtig, da leider immer noch in zu vielen Verbänden und Organisationen durch Ausgrenzung geherrscht wird und der Machterhalt allem anderen untergeordnet wird. Der unerträgliche Zustand des Deutschen olympischen Sportbundes ist dabei leider nur ein unrühmliches Beispiel. Die Macht dieser Organisationen ist aber zu groß, um diese einfach zu ignorieren. Da braucht es viel Beharrlichkeit. Deshalb gilt mein Dank auch den verschiedenen Faninitiativen und Oke Göttlich und allen Vizepräsident*innen. Vielen Dank für Eurer Engagement und all das, was schon erreicht wurde."
Sturm, der sich für Wiederwahl des Präsidiums aussprach, zeigte sich mit der Etablierung des Kinder- und Jugendsports erfreut, wenngleich auch hier noch Nachholbedarf bestehe, was wiederum auch an der begrenzten Anzahl von Sportflächen liege. Zum Abschluss seiner Rede beleuchtete Sturm noch das Verhältnis des Leistungssports zum Breitensport. "Der FC St. Pauli ist abseits des Profifußballs ein Breitensportverein. Wir wollen vielen die sportliche Betätigung ermöglichen. Für manche bedeutet dies einfach auch die gesellschaftliche Teilhabe und deshalb treten wir auch in der sportpolitischen Debatte für den Breitensport ein. Ausreichend Sportfläche und gute Sportangebote auch für Menschen mit Einschränkungen – dafür kämpfen wir. Hamburg ist divers und deshalb braucht es vielfältige Sportangebote."
Sport sei laut Sturm eine Möglichkeit, die Welt ein wenig besser zu machen. "Auch der Sport hat seinen Anteil an den Klimaveränderungen und er hat eine soziale Verantwortung", so Sturm, der hinzufügte: "Deshalb unterstützt der Amateurvorstand auch den Ansatz des Präsidiums, für den FC St. Pauli eine Gemeinwohlbilanz zu erstellen. Diese Bilanz wird uns aufzeigen, in welchen Bereichen wir bereits nachhaltig und sozialverträglich agieren, aber natürlich auch die Bereiche aufzeigen, in denen wir noch Nachholbedarf haben."
Unsere Abteilungen förderten auch den Leistungssport und der sichere die Qualität, so Sturm weiter. "Hervorragende Erfolge lassen sich nur mit den richtigen Trainingsmethoden und guten Bedingungen erreichen. Aus diesem Grund sichert der Leistungssport auch die Qualität für den Breitensport. Denn diese Qualität ist auch eine Frage des Respekts für alle", so Sturm, der hinzufügte: "Darüber hinaus schaffen Titel auch Aufmerksamkeit, die es leider häufig braucht, um Sponsoren und Förderer für den Sport – und zwar den Breiten- und den Leistungssport – zu gewinnen. Insofern sind beide auch ein Team für die Förderung des Sports. Eine einseitige Fokussierung auf das Sammeln von Medaillen kann aber nicht unsere Sache sein, wobei ich nicht missverstanden werden will. Das Streben nach Erfolgen ist Teil des Sports. Jede und jeder setzt sich Ziele, die sie oder er reichen möchte. Das gehört einfach dazu."
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Bericht des AFM-Vorstands
Zu Beginn seiner Rede blickte Alexander Gunkel zunächst auf die aktuellen Mitgliederzahlen der AFM. Waren es vor einem Jahr noch 16.940 Mitglieder, kamen im Laufe des Jahres 440 neue Mitglieder hinzu. Dies entspräche ungefähr der Hälfte, die die AFM sonst im Laufe eines Jahres an Zuwachs hat. "Die Mitgliederentwicklung hat eine starke Dynamik an Ein- und Austritten gezeigt, seit dem Beginn der pandemischen Lage sind zwar 1.100 Menschen in die AFM eingetreten, aber auch über 600 Menschen ausgetreten", musste Gunkel feststellen. Eine Aufgabe sei es, den Mitglieder, die aus Pandemie-bedingten finanziellen Gründen zu disem Schritt entschieden haben, den Weg zurück in den Verein zu erleichtern und ihnen Angebote zu machen, um die Mitgliedschaft wieder aufzunehmen.
Im vergangenen Geschäftsjahr verzeichnete die AFM Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge in Höhe von knapp 1,2 Mio. Euro, zusammen mit den Beständen aus dem Vorjahr standen der AFM knapp 1,6 Mio. Euro zur Verfügung. Der größte Teil ging mit 1,4 Mio. Euro in die Förderung des männlichen Jugendfußballs. Neben den laufenden Kosten, so Gunkel, werde es in den kommenden Jahren darum gehen, die Infrastruktur auszubauen. Hier wünschte sich Gunkel ein klares Bekenntnis der Stadt und den Behörden und vor allem die Überlassung einer Fläche, die für den Bau eines neuen Nachwuchsleistungszentrums eigne. Dies sei schon lange überfällig, so Gunkel weiter.
Die AFM-Abteilungsleitung sehe sich in der Pflicht, die Pandemie-bedingten Mindereinnahmen so gut wie möglich zu kompensieren. "Deshalb haben wir schon im März 2020 damit begonnen, den Fokus noch klarer auf den Fußball im FC St. Pauli zu legen. Konkret bedeutet das, dass wir unsere Ausgaben und Etatplanung stetig dahingehend überprüfen, ob es in den Bereichen außerhalb der Jugendfußballförderung Möglichkeiten gibt, Kosten zu minimieren oder anders zu verteilen", erklärte Gunkel. Die Fokussierung auf den Fußball bedeute aber nicht, dass andere Abteilungszwecke vernachlässigt oder aufgegeben werden.
Hinsichtlich der Förderung der Fan- und Vereinskultur erklärte Gunkel, dass die Unterstützung des Museum den größten Teil ausmache. Traditionell werde natürlich auch der Fanladen bei seiner sozialpädagogischen Arbeit, vor allem in Bezug auf die U18 Ragazzi, unterstützt. Die Förderung inklusiver Maßnahme beschränke sich laut Gunkel nicht ausschließlich auf Projekte von Sporttreibenden Abteilungen.
Anschließend berichtete der AFM-Vorsitzende vom Umbruch in der Abteilungsleitung, so haben sich drei Mitglieder nach erfolgreicher Arbeit für die Abteilung und den FC St. Pauli dazu entschlossen nicht erneut zu kandidieren. "Ich möchte auch hier noch mal die Gelegenheit nutzen, um Julia Schmid, René Born und André Greuelsberg ganz herzlich dafür zu danken, dass sie bereit waren, Verantwortung zu übernehmen und über lange Jahre hinweg viel Zeit und einige Nerven investiert zu haben, um die AFM und den FC St. Pauli ein bisschen besser zu machen", so Gunkel, der sich abschließend der später folgenden Wahl des Präsidiums widmete und sich sicher war, dass das Präsidium viel Zustimmung von den anwesenden Mitgliedern erhalten werde.
"Danke für die unzähligen Arbeitsstunden, die ihr für unseren Verein investiert. Danke auch für mehr als 90 Prozent richtige Entscheidungen auf allen Ebenen. Danke für das Vertrauen, das wir mittlerweile alle haben, eine finanzielle Krise überleben zu können. Danke für die Schaffung von nachhaltigen Strukturen auf allen Ebene. Danke für verlässliche Kommunikation auf Augenhöhe, für die Derbysiege und Aufstiegsgedanken und vor allem Danke für dass ausgesprochen gute Gefühl, Teil eines ausgezeichnet geführten Vereins zu sein", richtete Gunkel durchweg lobende Worte ans Präsidium. Er bedankte sich anschließend er noch bei allen Mitarbeiter*innen des Vereins und abschließend dann noch mal ausdrücklich bei Daniel Bierhoff, dem ausscheidenden Leiter des Bereichs Ticketing, für dessen unermüdlichen Einsatz, für die Flexibilität und die stets zuverlässige Zusammenarbeit.
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Bericht des Ehrenrats
Im Namen des Ehrenrats sprach Suzann Edding zu den anwesenden Mitgliedern und blickte dabei auf die letzten beiden Jahre zurück, weil der Ehrenrat bei der digitalen Mitgliederversammlung im Dezember 2020 keine Rede gehalten hatte. "Im Jahr 2020 haben wir die höchste Zahl an Glückwunschschreiben in unserer Historie versandt, es waren fast 5.000", berichtete Edding zunächst. Auch im Jahr 2021 wurden viele Mitglieder beglückwünscht, so waren es fast 4.000 Glückwunschschreiben. "Wir haben drei Mitglieder zu neuen Ehrenmitgliedern ernannt. Insgesamt hat der FC St. Pauli damit 37 aktuelle Ehrenmitglieder", so Edding, die über satzungsmäßige Aufgaben des Ehrenrats sprach. "Mitglieder unseres Gremiums standen, wie immer, der Delegiertenversammlung und den Leitungen der Sporttreibenden Abteilungen beratend zur Seite bei internen Konflikten. Bei der Vorstellung der Organ-Tätigkeiten in der Online-Veranstaltung 'Was macht ihr da eigentlich?' hat der Ehrenrat den Mitgliedern unsere Aufgaben und Tätigkeiten näher erläutert. Außerdem haben wir in der 'AG Diversität' mitgewirkt. Das Ergebnis mündete in dem Antrag, eine Quotenregelung in den Vereinsorganen durchzusetzen und diese wurde auf der vergangenen Mitgleiderversammlung im September zur Abstimmung gebracht und angenommen."
Anschließend berichtete Edding von einem Verfahren über einen Vereinsausschluss, das der Ehrenrat im Frühjahr 2020 eröffnete hatte und das ihn aufgrund der pandemischen Lage bis ins Frühjahr 2021 beschäftigt hatte. Darüber hinaus gab es bereits Ende 2019 einen Vorfall im Verein, der dem Ehrenrat im Frühjahr 2020 zur Kenntnis gebracht wurde. "Auch dieser Vorfall hatte einen Vereinsaustritt zur Folge", so Edding, die anschließend von vielen persönlichen Angriffen im Netz gegen Mitarbeiter*innen und Verantwortliche des FC St. Pauli berichtete. "Wir sahen uns im Frühjahr dieses Jahres veranlasst, einen Aufruf über die Homepage und über die sozialen Medien zu veröffentlichen, indem wir zur Mäßigung und sachlicher Diskussion aufgerufen haben. Wir haben auf die Leitlinien und auf die Satzung des Vereins hingewiesen. Wir werden jetzt und auch zukünftig diesen Fällen nachgehen. Wüste Beschimpfungen, persönliche Beleidigungen, Verleumdungen oder sogar unverhohlene Gewaltandrohungen sind nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt und auch unsere Satzung sieht eine Strafbarkeit vor", betonte Edding im Namen des Ehrenrates. Abschließend fügte sie hinzu: "Lasst uns eine respektvolle Diskussionskultur beibehalten und uns gerne weiterhin ordentlich zanken! Lasst uns dabei aber immer fair miteinander umgehen. Das wünschen wir uns für die Zukunft! Gemeinsam für den FC St. Pauli! Alle zusammen! Danke!"
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Bericht der Kassenprüfer*innen
Der Bericht der Kassenprüfer fiel kurz und prägnant aus. Insgesamt wurde die Lage des FC St. Pauli von den beiden Kassenprüfern Armin Koch und Michael Wolff als positiv bewertet. So haben unsere Kassenprüfer nach ausführlicher Prüfung eine klare Gliederung im Rechnungswesen vorgefunden und Antworten auf alle Fragen von den Mitarbeiter*innen erhalten, wie Koch den anwesenden Mitgliedern mitteilte. Insgesamt sei der FC St. Pauli solide aufgestellt. Jedoch hatte er zwei Anmerkungen. Zwar sei die Belegqualität gut, doch gab es in Zeiten von Corona wenig Kontobewegungen. Darüber hinaus gab er den Hinweis, dass einige Abteilungen Negativzinsen an Kreditinstitute überweisen. Ob dies im Sinn eines gemeinnützigen Vereins sei, sei in Frage zu stellen und an dieser Stelle die Bitte an die Kassenwärte der Abteilungen, hier eventuell Änderungen vorzunehmen.
Weiter mahnte er an, dass man weiterhin vorsichtig bleiben müsse, da der Verein in Zeiten von Corona Liquiditätsprobleme bekommen kann, wenn das Szenario eintritt, dass Zahlungsverpflichtungen bleiben, aber Einnahmen ausbleiben. Hier gilt es, Wege zu finden, um den ideellen Bereich zu schützen, so Koch. Dennoch betonte er, dass er volles Vertrauen in das Präsidium und in die Geschäftsleitung habe. Weiter bedankte er sich bei allen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen für die ausführliche Beantwortung der Fragen. Bevor er die Entlastung des Präsidiums empfehlen sollte, dankte er Michael Wolff für die vergangenen acht Jahre als Kassenprüfer.
Weil Wolff nach achtjähriger Tätigkeit als Kassenprüfer aus eben jenem Amt ausgeschieden war, folgte etwas später am Abend noch die Wahl zur/zum Kassenprüfer*in, mit Gabriela Sadzik (seit 2012 Mitglied, Abteilung Fußball-Jugend) hatte sich dabei nur eine Kandidatin für Wolffs Nachfolge beworben. Nachdem sich Sadzik (Foto unten) den anwesenden Mitgliedern ausführlich vorgestellt hatte, wählten die Mitglieder Sadzik mit deutlicher Mehrheit - ohne Gegenstimme und mit zwei Enthaltungen - zur neuen Kassenprüferin neben Armin Koch.
(hb/lf)
Fotos: FC St. Pauli