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Kiezbeben-Geschichten: Venceremos - ein Aufstieg, der Geschichte schrieb

Noch bis Sonnabend (5.10.) ist die große Ausstellung "KIEZBEBEN  – die zweite Geburt des FC St. Pauli" im FC St. Pauli-Museum geöffnet (Öffnungszeiten: Freitag (4.10.) von 16 bis 22 Uhr, Sonnabend (5.10.) von 11 bis 19 Uhr). Zur Feier der letzten Öffnungstage erzählen wir noch einmal eine KIEZBEBEN-Geschichte. Diesmal geht es um einen Tag, der mit Spannung begann und mit Schampus endete: Mit dem Erstliga-Aufstieg 1988 nahm die Verwandlung des FC St. Pauli richtig Fahrt auf...

Vor dem Wunder stand der Fahrstuhl: 1983 war FC St. Pauli Drittligist. 1984 stieg er in die 2. Bundesliga auf. 1985 ging es wieder ein Stockwerk tiefer – und 1986 wieder nach oben (wir berichteten: KLICK!). Diesmal lief es besser: Der Zweitligist FC St. Pauli von 1986 hatte mit dem von 1984/85 zwar einiges zu tun, schließlich waren viele im 1986er-Kader auch damals schon dabei. Doch nun besaßen elf der zwanzig Spieler eigene Zweitliga-Erfahrung. Gezielte Neuverpflichtungen verstärkten die Mannschaft, unter anderem André Trulsen (SV Lurup) und Dirk Zander (Viktoria Wilhelmsburg).

Die Ausstellung KIEZBEBEN ist am 5. Oktober von 11 bis 19 Uhr im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade geöffnet. Ab Sonntag (6.10.) ist sie vorerst geschlossen.

Die Ausstellung KIEZBEBEN ist am Freitag (4.10) von 16 bis 22 Uhr und am Sonnabend (5.10.) von 11 bis 19 Uhr im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade geöffnet. Ab Sonntag (6.10.) ist sie vorerst geschlossen.

Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten setzte sich das Team auf Platz drei fest. Genug für die Relegation zur Bundesliga. Und für eine Begeisterung, die statt kaum über tausend nun 13.000, 15.000, 17.000 Menschen ans Millerntor zog – aus dem Stadtteil, der Hafenstraße und ganz Hamburg. Auch im Stadion begann das KIEZBEBEN spürbar zu werden. "Jeder hatte das Gefühl, er ist bei einer Sache dabei, die einfach neu ist", erinnert sich Sven Brux.

Auf der Trainerbank saß inzwischen ein junger Mann, der über eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beim Verein geblieben war: Helmut Schulte. Seinen Vorgänger Willi Reimann hatte HSV-Manager Magath zur Rückrunde 1986/87 gegen eine Ablösesumme und Verteidiger Jens Duve eingetauscht.

Übersichtlicher Auswärtsblock, starker Support: Banner am 29. Mai 1988 in Ulm, gemalt vom heutigen Leiter Veranstaltungen & Sicherheit Sven Brux.

Übersichtlicher Auswärtsblock, starker Support: Banner am 29. Mai 1988 in Ulm, gemalt vom heutigen Leiter Veranstaltungen & Sicherheit Sven Brux.

1987 scheiterte der Aufstieg noch am FC Homburg und Schiedsrichter Dieter Pauly. 1988 passte dann alles: Als Tabellenzweiter stieg der FC St. Pauli direkt auf, zusammen mit den Stuttgarter Kickers, am Ende einer 38 Spieltage langen Saison mit 19 Siegen, 11 Unentschieden und 8 Niederlagen.

Möglich wurde der direkte Aufstieg durch einen Auswärtssieg am letzten Spieltag. Rund 800 St. Paulianerinnen und St. Paulianer machten sich damals auf, um beim Spiel gegen den SSV Ulm 46 dabei zu sein – und waren bester Stimmung: "Nie mehr 2. Liga", schallte es durch den Großraumwagen des IC71. "Sogar der IC-Chef Heinz Schlosser aus Frankfurt feiert mit und hat plötzlich eine St. Pauli-Mütze auf dem Kopf", berichtet das Hamburger Abendblatt.

Im "Gang der Wunder" erzählt die KIEZBEBEN-Ausstellung vom Aufstieg 88 und den Folgen – im Look des alten Millerntor-Stadions samt den typischen Containern.

Im "Gang der Wunder" erzählt die KIEZBEBEN-Ausstellung vom Aufstieg 88 und den Folgen – im Look des alten Millerntor-Stadions samt den typischen Containern.

Ein Banner im Ulmer Stadion wirkte im Nachhinein wie eine Prophezeiung für die ganze kommende Saison: "FC St. Pauli Venceremos!" ("Wir werden siegen!") hieß es darauf. Gemalt hatte es der heutige Leiter Veranstaltungen & Sicherheit Sven Brux in einem Ulmer Hinterhof. Das Motto stammt von chilenischen Sozialisten um den 1973 ermordeten Arzt und Politiker Salvador Allende und ist Teil eines Liedes: "Venceremos! Venceremos! / Schlagt das Volk aus den Ketten, schlagt los! / Venceremos, Venceremos! Aus dem Elend befreit sind wir groß."

Bevor der aus der 2. Liga "befreite" FC St. Pauli in der 1. Bundesliga groß aufspielen konnte (der "Gang der Wunder" im KIEZBEBEN erzählt von der erfolgreichsten Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte) wurde gebührend gefeiert. In der Kabine. Im Flugzeug. Zu Hause.

Nur so fährt ein Aufsteiger: Bei der umjubelten Busfahrt der 1988er-Mannschaft saß auch der eine oder andere Fan mit im oder auf dem Bus.

Nur so fährt ein Aufsteiger: Bei der umjubelten Busfahrt der 1988er-Mannschaft saß auch der eine oder andere Fan mit im oder auf dem Bus.

Am Flughafen Hamburg wurde die Mannschaft von gut 4000 Fans empfangen, und der Autokorso zur Gaststätte "Saitensprung" in der Deichstraße entwickelte sich besonders auf der Reeperbahn zum Triumphzug: "Aus den Bars und Lokalen rannten Gäste, Bedienstete und Andienende auf die Straße, klatschten und jubelten", so das Hamburger Abendblatt.

Was bei aller Begeisterung auch einen ungewollten Nebeneffekt hatte: "Es war zwar schön", so Dirk Zander, Schütze des entscheidenden 1:0. "Aber dass wir erst nach anderthalb Stunden im 'Saitensprung' ankamen, obwohl wir stechenden Durst hatten – das sind so Sachen, die ein bisschen hängen bleiben."

Wollt Ihr mehr Geschichten vom Aufstieg und aus den KIEZBEBEN-Jahren 1986-88 samt Vor- und Nachbeben hören, sehen und erleben? Dann ab ins FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade! Die Ausstellung ist am Sonnabend (5.10.) von 11 bis 19 Uhr geöffnet und ab Sonntag (6.10.) geschlossen. Wie es dann weiter geht, erfahrt Ihr natürlich auf fcstpauli.com!

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Weitere Infos:

 

Text: 1910 e.V.

Fotos: Witters / Sammlung Sven Brux im Archiv 1910 e.V. / C. Nagel / Moenkebild im Archiv 1910 e.V.

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