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Göttlich betont Verantwortung für den gesamten Verein

Präsident Oke Göttlich hat in seiner Rede auf der Mitgliederversammlung die Verantwortung des Präsidiums, das im weiteren Verlauf der Mitgliederversammlung von den Mitgliedern für das abgelaufene Geschäftsjahr entlastet wurde, für den gesamten Verein betont und auf die vielen Facetten des FC St. Pauli hingewiesen. Auch auf die Freistellung von Timo Schultz ging er ausführlich ein und würdigte ihn als echten St. Paulianer.

Präsident Oke Göttlich würdigte zu Beginn seiner Rede den Einsatz und das Engagement vieler Menschen für den FC St. Pauli. Zudem dankte Göttlich Timo Schultz für dessen Einsatz in den vergangenen Jahren für den Verein. Direkt an den Ex-Coach gerichtet sagte Göttlich:

Timo, Du bist ein echter St. Paulianer, seit 17 Jahren im Verein aktiv. Du hast tolle Siege erreicht, und wir haben auch schmerzliche Niederlagen gemeinsam erlebt. Ich danke Dir für deinen Einsatz, für deinen Charme, für deine Arbeit in den vergangenen Jahren. Danke Timo!

Im Folgenden erläuterte Göttlich die Hintergründe der Entscheidung, Schultz freizustellen. „Zum einen ist es für mich ganz persönlich und alle Beteiligten eine extrem schwere Entscheidung gewesen. Zum anderen wussten wir, wie populär „Schulle“ ist. Wir hätten einen einfacheren Weg einschlagen können. Wir haben den Weg gewählt, auf dem wir mit mehr Widerstand rechnen mussten und nun auch erleben.“ Dennoch sei das Präsidium einstimmig der Empfehlung gefolgt, Schultz freizustellen.

Der Präsident betonte, es gehe „nicht um einzelne Personen, nicht um Andreas Bornemann oder Timo Schultz oder Oke Göttlich, sondern es geht um den gesamten Verein. In seiner Rede unterstrich Göttlich, dass man zu der Entscheidung stehe: „Wir sind der festen Überzeugung, dass ein Wechsel auf dem Trainerposten hilft, jetzt notwendige neue Impulse im sportlichen Bereich zu setzen. Wir diskutieren dabei nicht auf Basis von Sympathiewerten, Freundschaften oder auch mal persönlichen Meinungsverschiedenheiten, die es überall gibt.“ Grundlage für Entscheidungen seien vielmehr umfangreiche und ergebnisoffene Analysen, die sich auf das gesamte Kalenderjahr 2022 beziehen. „Wir müssen die negative Entwicklung stoppen und umkehren. Jetzt, sofort und mit voller Überzeugung“, sagte Göttlich.

Er betonte, es sei der Weg des FC St. Pauli, jungen, entwicklungsfähigen Spielern eine Chance und den Raum zu geben, sich zu zeigen und zu verbessern. „Was für mich nicht in Ordnung ist: Wie in der Öffentlichkeit teilweise mit unseren Spielern umgegangen wird, wie sie abqualifiziert werden“, so Göttlich. Der FC St. Pauli habe auch Timo Schultz Zeit und Möglichkeiten gegeben. Der Präsident erinnerte daran, dass es Andreas Bornemann war, der Timo Schultz das Vertrauen geschenkt hatte: „Er war es, der unseren damaligen U19-Trainer zum Chefcoach gemacht hat.“ Der Sportchef habe dem Trainer in der Folge zudem „nicht nur einmal den Rücken gestärkt, als wir sportlich in der Krise steckten. Beispielsweise nach der ersten Hinrunde mit ihm, als wir Tabellenletzter waren. Als viele seine Ablösung gefordert hatten“. Auch da habe man es sich nicht leicht gemacht, sagte Göttlich, „weil die Analyse ergeben hat, dass der Kader damals noch Mängel hatte, die zunächst durch kurzfristige Leihen und dann durch eine langfristige Kaderarbeit behoben worden sind“. Es gebe mittlerweile eine starke Substanz im Kader – und nur noch einen Leihspieler im Kader. Göttlich erklärte: „Unser Ziel ist die Top25 – und das halten wir für ein realistisches Ziel innerhalb unserer Möglichkeiten im Wettbewerb des Profifußballs.“

Der Präsident räumte ein, dass dieses Ziel bislang nicht erreicht worden sei. „Ich selbst bin selbstverständlich nicht zufrieden mit der sportlichen Bilanz in meiner Amtszeit. Durchschnittlich haben wir über die Saisons Platz 9 erreicht, das ist zwei Plätze hinter dem ausgegebenen Ziel der „Top25“ – das damit aber durchaus in Reichweite liegt. Wir sind nicht aufgestiegen – aber: Wir sind auch nicht abgestürzt, so wie einige andere Vereine mit viel Tradition. Wir konnten unseren FC St. Pauli konsolidieren und auf eine gesunde Basis stellen. Wir haben die Rahmenbedingungen geschaffen, um mehr zu erreichen.“

Die Strategie sei es, den Kader und die Infrastruktur nach und nach zu verbessern, um dann die Substanz im Verein zu haben, auch länger als ein Jahr erfolgreich zu sein. Er betonte, dass Sportchef Bornemann den FC St. Pauli in den vergangenen Jahren große Schritte weitergebracht habe. „Er hat den Kader verkleinert, die Qualität erhöht, er hat Spieler mit Potenzial verpflichtet – und er hat Transfererlöse erwirtschaftet, die dem FC St. Pauli – also dem gesamten Verein – geholfen haben, über die Corona-Krise zu kommen.“ In diesem Kontext wies Göttlich Beleidigungen deutlich zurück. „Wenn wir von Werten sprechen, von einem etwas anderen Verein – dann gilt das für alle: Für mich, aber auch für alle, die sich dem FC St. Pauli und seinen Werten verpflichtet fühlen.“ Göttlich betonte die Bedeutung der Mitbestimmung in einem mitgliedergeführten Verein und dass man Entscheidungen nicht nach Sympathie, Lautstärke auf Facebook, Gerüchten in Medien oder Online-Petitionen ausrichtet. Zudem gehe es auf der Mitgliederversammlung um den gesamten Verein.

Im Folgenden ging Göttlich auf die verschiedenen Bereiche ein und stellte die wirtschaftliche Entwicklung in dem Geschäftsjahr 2021/22 vor. So habe der FC St. Pauli nach dem Geschäftsjahr 2020/21 mit einem Rekordverlust in Höhe von 5,6 Millionen Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr wieder ein wesentlich besseres Ergebnis erzielen: So erwirtschaftete der FC St. Pauli einen Konzernjahresüberschuss von 359.873,70 Euro. Das ist außerordentlich erfreulich und lässt uns optimistisch in die Zukunft schauen. Der Umsatz belief sich im abgelaufenen Geschäftsjahr auf 50.320.738,91 Euro.

Der Verein habe davon profitiert, dass wieder Zuschauer*innen ins Stadion kommen konnten, dass es einen hohen Verzicht auf Rückzahlung gab. Göttlich dankte an dieser Stelle für eine große Solidarität. Auch der Sport habe sehr stark mitgeholfen, durch Transfererlöse die Situation zu verbessern. Das positive Ergebnis sei insgesamt ein Resultat davon, dass der FC St. Pauli wirtschaftlich sehr robust geworden sei. So hätten sich Entscheidungen wie der Rückkauf der Merch-Rechte und der Aufbau der Marke DIIY als goldrichtig erwiesen. „Wir hören immer wieder von Sponsoren, wie sehr sie der Mut, selbst Nachhaltigkeitsunternehmer zu werden, beeindruckt hat“, sagte Göttlich – und verwies auf die Bedeutung von Nachhaltigkeit.

Göttlich räumte ein, dass man bei der Schließung des Lagers am Winsbergring besser mit den Betroffenen hätte kommunizieren sollen. Dennoch sei der Schritt aus betriebswirtschaftlicher Sicht „absolut richtig“ gewesen. „Wir sind sehr froh, dass mittlerweile mit allen Betroffenen Lösungen gefunden worden sind. Wir danken Euch für Euren Einsatz für den FC St. Pauli!“ Grundsätzlich wolle der FC St. Pauli aber immer wieder zeigen: „Nachhaltigkeit, verantwortliches Handeln und Wirtschaftlichkeit sind keine Gegensätze, sondern gehören zusammen.“ Göttlich verwies auf die Liste der Partner: „Es hat sich doch einiges bewegt in den vergangenen Jahren. Mit Lichtblick und FollowFood haben wir zwei ausgewiesene Nachhaltigkeits-Experten, dazu kommt neuerdings noch EDEKA, mit denen wir ebenfalls Nachhaltigkeitsthemen ‚bespielen‘. Außerdem Levi’s, die zielgerichtet Diversität fördern und Congstar, die uns beim Kampf gegen Rassismus überragend unterstützen. Und natürlich wäre ohne Congstar die erfolgreiche Einführung von DIIY nicht so gut gelungen. Und auch dass wir mit Astra in Richtung lebenslange Partnerschaft gehen, macht uns sehr froh.“

Göttlich zeigte sich zuversichtlich, mit dieser klaren Ausrichtung noch mehr attraktive Partner für den Verein gewinnen zu können. Denn eines sei klar, so Göttlich weiter: „Viele Investitionen in nachhaltige Projekte können wir nur mit einem Partner umsetzen. Zum Beispiel wäre es wünschenswert, wenn wir mehr Strom per Photovoltaik produzieren können, aber das wird ohne die Unterstützung von Partnern nicht funktionieren. Die Investitionen kann der Verein allein nicht stemmen.“

Auch beim E-Sport seien die großen Fortschritte und Erfolge ohne Congstar kaum möglich gewesen. Beim Stadionbetrieb seien solche Partner ebenfalls notwendig: „So müssen wir prüfen, ob wir die Stadionbeleuchtung auf LED umstellen. Aber wir müssen auch Kosten und Nutzen betrachten und dann einen fundierten Plan entwickeln, über den wir dann transparent sprechen können. Die Themen reichen von Photovoltaik über Vermeidung von Müll und Essensresten bis hin zu Dekarbonisierung. Wir wollen das richtige machen, wir schaffen aber nicht alles auf einmal und – wie erwähnt - nicht ohne Partner.

 

 

Göttlich sagte, im Ticketing werde man genau prüfen müssen, „inwieweit wir die Dauerkartenpreise an die gestiegenen Kosten anpassen müssen“. Alle Bereiche bei der Organisation und Durchführung der Spieltage seien auf der Kostenseite drastisch gestiegen.  

Als eines der wichtigsten Projekte des FC St. Pauli bezeichnete Göttlich den Ausbau des Trainingszentrums an der Kollaustraße. Dort sollen Profi-Fußball, U23 und Nachwuchsleistungszentrum gemeinsam eine moderne Anlage bekommen, die auch sämtliche Lizenzierungskriterien erfüllt und den FC St. Pauli langfristig besser macht. Das Projekt zum Ausbau der Flächen sei im Juni 2022 aus dem Planstand heraus angelaufen. „Die mittelfristige Planung treiben wir derzeit voran“, erklärte Göttlich. Ziel sei es, „ein nachhaltiges und leistungsstarkes Trainingszentrum für den FC St. Pauli zu entwickeln und die Infrastruktur unseres Nachwuchses zu stärken. Unser Ziel ist es bis Mitte 2024 die planungs- und baurechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, sodass so schnell wie möglich mit dem ersten Bauabschnitt begonnen werden kann.“

Göttlich dankte dem Senat, dem Bezirk und den Behörden für die bisherige sehr konstruktive Zusammenarbeit. Er hoffe, den ersten Bauabschnitt bis Ende 2025 abgeschlossen zu haben. Nach Ende des ersten Bauabschnitts habe man mit zwei Gebäuden und fünf  geplanten Plätzen an der Kollau eine sehr gute Übergangslösung geschaffen. Durch einen zweiten Bauabschnitt soll das Projekt dann abgeschlossen werden, um für den sportlichen Bereich an der Kollaustraße bestmögliche Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Dem Projekt sei eine besondere Bedeutung zuzuordnen, da es im Volumen das größte seit dem Umbau des Millerntors sei und langfristige Bedingungen schaffen könne, für nachhaltig erfolgreiche sportliche Arbeit im Nachwuchs- und Lizenzbereich. Ebenso liege ein Fokus - intern wie extern - auf Aspekten der Nachhaltigkeit. Insbesondere der ökologischen.

Göttlich erklärte, das Fundament des Vereins seien die Abteilungen. Er dankte allen Menschen, „die beim FC St. Pauli Sport treiben, sich engagieren, die als Trainerin, Abteilungskassenwart oder helfende Hand das Vereinsleben erst ermöglichen“. Im Folgenden würdigte er verschiedene Sportler*innen aus dem Verein, unter anderem Thoya Küster, die  als Hamburger Sporttalent des Jahres ausgezeichnet wurde.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Verein und der organisierten Fanszene hob Göttlich hervor. Er bedauerte, aus Zeitgründen nicht noch mehr Facetten des FC St. Pauli erwähnen zu können und dankte den Anwesenden für ihre Teilnahme an der Versammlung. „Ihr nehmt Eure Verantwortung wahr, den FC St. Pauli mitzugestalten. Ihr kommt am Wochenende hierher, um Euch einzubringen und für Eure Ideen und Vorhaben einzutreten.“ Göttlich betonte nochmals, dass der FC St. Pauli mehr sei als ein Fußball-Club. „Ein komplexer Verein, ein mittelständisches Unternehmen – aber auch Teil des Profi-Fußballs. Er ist manchmal fast eine Nichtregierungsorganisation. Ein Treff- und Fixpunkt für Menschen. Für all das tragen wir gemeinsam die Verantwortung, um den Verein weiterzubringen, auf allen Ebenen.“ Dafür werde er weiterhin alles geben, sagte Göttlich. Er mache bestimmt nicht immer alles richtig, aber „wir gehen systematisch und professionell vor, planen nachhaltig und langfristig und fällen Entscheidungen auf sachlicher Basis“. Man habe noch viel vor, so Göttlich zum Abschluss, „lasst es uns gemeinsam anpacken. Gerne auch mal kontrovers, aber immer in Verantwortung für den FC St. Pauli“.

 

(pg)

Fotos: FC St. Pauli

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