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„Ich werde mich nie mit dieser Krankheit abfinden können”

Am 29. Februar leuchten in diesem Jahr wieder weltweit hunderte Monumente und Gebäude in Pink, Blau, Grün und Lila – darunter auch das Millerntor-Stadion. Hintergrund ist der "Rare Disease Day". Ziel ist es, auf Geschichten von Menschen mit seltenen Erkrankungen aufmerksam zu machenzum Beispiel auf die von Detlef Stechern. 

Der 68-Jährige war in den 1980er-Jahren von Berlin nach Hamburg gezogen und ist seitdem Fan des FC St. Pauli. „In Berlin gab es eine Gruppe, die nannte sich die Hertha-Frösche. Das waren rechte Hooligans, für die war Fußball immer nur saufen und auf die Fresse hauen“, erklärt Detlef. „Dann kam ich zum FC St. Pauli und da herrschte eine ganz andere Atmosphäre, das fiel mir sofort auf. Das war bunter, gemischter und lange nicht so machomäßig.“ An eine Anekdote erinnert er sich besonders gerne: „Ich war Antiquar und habe mit alten Büchern gehandelt. Einmal habe ich zwei Kollegen mit ins Stadion genommen, die hatten mit Fußball nichts am Hut. Und die haben sich dann sehr gewundert, als in der Pause jemand angefangen hat, ein Buch von Adorno zu lesen.“ 

Im März 2023 erhielt Detlef die Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), eine unheilbare Nervenerkrankung, die sämtliche Muskeln schwinden lässt. Eine Diagnose, die sein Leben radikal verändert hat. „Mein Leben war von eigenen sportlichen Aktivitäten bestimmt. Das fällt alles weg, ich bin mittlerweile auf den Rollstuhl angewiesen“, sagt er. Ein Frühsportkurs, den er an der Schule seiner Enkelkinder gegeben hatte, Schachunterricht, Radsport – das ist alles nicht mehr möglich. 

Seit dem Jahr 2009 ist er dem FC St. Pauli auch auf andere Weise verbunden: Als Gründungsmitglied der Triathlon-Abteilung nahm er dort über Jahre hinweg verschiedene Ämter wahr und prägte das Miteinander. So sehr, dass Ramona und Inga - zwei Freundinnen aus der Abteilung – kurzerhand eine Spendenaktion ins Leben riefen. Alleine auf der Weihnachtsfeier der Triathlon-Abteilung kamen 1615 Euro zusammen, mittlerweile wurden schon 17.600 Euro gesammelt. „Schon nach der Weihnachtsfeier war ich baff, jetzt wurden meine Erwartungen aber bei weitem übertroffen“, sagt Detlef. 

Das Geld aus der Spendenaktion fließe in Sachen, die er sich sonst nicht leisten könne, die sein Leben aber erleichtern würden, zum Beispiel ein Aktivrollstuhl oder eine Bett-Vorrichtung, um die Liegeposition zu verändern. Auch ein Urlaub mit seiner Frau sei in Planung, außerdem steht ein Umzug aus seiner bisherigen Wohnung im vierten Stock in eine Wohnung im Erdgeschoss an. Schwierigkeiten hat Detlef mit der Krankenkasse, wenn es um Therapien oder medizinische Geräte geht. „Alles, was ich beantrage, muss ich mir da mehr oder weniger erkämpfen“, berichtet er. 

Über eine WhatsApp-Gruppe organisieren sich seine Freund*innen und sorgen dafür, dass er immer Unterstützung hat. Am vergangenen Wochenende beispielsweise, als er jemanden brauchte, der ihn ins Weserstadion in Bremen begleitet. Ein wichtiges Erlebnis für ihn, denn: „Ich werde mich nie mit dieser Krankheit abfinden können. Aber es gibt zwei Dinge, die mich am Leben halten: Am Leben teilnehmen und Hilfe annehmen, auch wenn es schwerfällt.“ 

Hier geht’s zur Spendenaktion für Detlef. 

 

Der Tag der seltenen Krankheiten (Rare Disease Day) wird in Europa und Kanada seit 2008 jährlich am 29. Februar begangen, um die Öffentlichkeit auf die Belange der von seltenen Krankheiten Betroffenen aufmerksam zu machen. Weitere Infos gibt es hier.

 

(mh)

Fotos: Detlef Stechern

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