Der FC St. Pauli will sich nachhaltig und zukunftsfähig aufstellen
Mittwoch, 01. September 2021, 18:00 Uhr
Am Sonnabend (4.9.) findet die erste ordentliche Mitgliederversammlung im Jahr 2021 statt. Zu dieser schlagen der Aufsichtsrat und das Präsidium des FC St. Pauli eine Satzungsänderung vor, die die Bestellung besonderer Vertreter*innen durch das Präsidium vorsieht. Damit möchte der Verein zeitgemäßer agieren, sich den stetigen Herausforderungen des Profifußballs stellen und seiner eigenen Entwicklung gerecht werden.
Der FC St. Pauli von 1910 e.V. ist ein mitgliedergeführter Verein im deutschen Profifußball. Anders als bei vielen anderen Bundesligavereinen, deren Lizenzspielerabteilungen in Kapitalgesellschaften ausgegliedert sind, ist die Mitgliederversammlung beim FCSP das oberste Beschlussorgan des Vereins. Gemäß der Satzung wird der Verein von einem ehrenamtlichen und durch die Mitgliederversammlung gewählten Präsidium, welches im Sinne des § 26 BGB den Vorstand bildet, geführt.
Der FC St. Pauli setzt mittlerweile mehr als 50 Mio. Euro pro Jahr um und beschäftigt mehrere hundert Mitarbeiter*innen, was einem mittelständischen Unternehmen gleicht. Die aktuelle Führungsstruktur ist mit Blick auf diese Entwicklung nicht mehr zeitgemäß und lässt das ehrenamtliche Präsidium an seine Grenzen stoßen. Hinzu kommt, dass die Verantwortungsübernahme auch nicht mehr im Verhältnis zum alleinigen Haftungsrisiko steht.
Aus diesen Gründen haben der Aufsichtsrat und das Präsidium in den vergangenen Jahren verschiedene Modelle der Gremien- und Führungsstruktur für den FCSP erarbeitet und diskutiert. Das Ziel war, das Ehrenamt zu entlasten und das Hauptamt zu stärken, um die Entscheidungsfähigkeit des Vereins auch in Zukunft sicherzustellen und gleichzeitig eine stärkere Übernahme von Verantwortung der hauptamtlichen Mitarbeiter*innen zu schaffen. Oberste Prämissen in diesen Überlegungen waren stets die Beibehaltung der Mitbestimmung und Teilhabe der Mitgliederversammlung, ein weiterhin unabhängig agierendes Präsidium, die Schaffung einer nachhaltigen Struktur über die nächsten Generationen und eine Personenunabhängigkeit.
Weitere Fragen beantworten wir Euch in diesem FAQ
Vor diesem Hintergrund haben der Aufsichtsrat und das Präsidium des FCSP gemeinsam einen Satzungsänderungsantrag entwickelt, der auf Antrag sämtlicher Präsidiums- und Aufsichtsratsmitglieder der Mitgliederversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll.
Was sind besondere Vertreter*innen?
In § 30 BGB ist vorgesehen, dass in einer Vereinssatzung bestimmt werden kann, dass neben dem Vorstand sogenannte besondere Vertreter*innen für gewisse Geschäfte bestellt werden können. Die Vereinssatzung kann dabei vorsehen, dass derartige besondere Vertreter*innen neben ihrer Position als besondere Vertreter*innen in Personalunion zugleich auch Mitglieder des Präsidiums des Vereins sind.
Diese Gestaltungsmöglichkeit soll für den FCSP umgesetzt werden. Maximal sollen aber nur bis zu vier hauptamtliche besondere Vertreter*innen bestellt werden können. Ihre Bestellung soll mit Zustimmung des Aufsichtsrats vom Präsidium für maximal vier Jahre erfolgen und unbegrenzt häufig zulässig sein. Die besonderen Vertreter*innen sollen für einen oder mehrere der folgenden Verantwortungsbereiche oder für Teilbereiche dieser Verantwortungsbereiche bestellt werden können: Sport, Finanzen, Vertrieb und Sponsoring/Vermarktung, Recht, Vereinsstrategie und Clubentwicklung.
Warum diese Weiterentwicklung?
Über die Bestellung von besonderen Vertreter*innen soll das ehrenamtliche Präsidium in der Vereinsführung entlastet werden. Dennoch ist vorgesehen, dass die Anzahl der insgesamt zu bestellenden besonderen Vertreter*innen stets geringer sein muss, als die Anzahl der durch die Mitgliederversammlung gewählten bzw. kommissarisch eingesetzten Präsidiumsmitglieder. Damit soll sichergestellt werden, dass die besonderen Vertreter*innen im Zweifel überstimmt werden können.
Zudem ist vorgesehen, dass die besonderen Vertreter*innen bei bestimmten Beschlussfassungen des Präsidiums, bei denen in ihrer Person ein Interessenkonflikt begründen sein könnte oder die rein vereinsinterne Angelegenheiten betreffen, vom Stimmrecht ausgeschlossen sind. Des Weiteren sollen nur solche natürlichen, unbeschränkt geschäftsfähigen Personen besondere Vertreter*innen sein können, die zugleich Mitglieder des Vereins sind.
Die besonderen Vertreter*innen sollen den Verein gerichtlich und außergerichtlich grundsätzlich nur gemeinsam mit einem gewählten bzw. kommissarisch eingesetzten Präsidiumsmitglied vertreten können. Mit Zustimmung des Aufsichtsrats soll das Präsidium den besonderen Vertreter*innen im Einzelfall oder generell in Bezug auf den ihnen jeweils zugewiesenen (Teil-)Verantwortungsbereich aber auch Einzelvertretungsbefugnis oder Vertretungsbefugnis mit einer*m weiteren besonderen Vertreter*in einräumen und diese Befugnis auch widerrufen können. Entscheidungswege können dadurch schneller und effizienter gestaltet werden. Die vorherigen Zustimmungspflichten des Aufsichtsrats für den Abschluss der unter § 22 aufgeführten Geschäfte bleiben hiervon unberührt.
Was ist unter anderem noch wichtig?
Eine wesentliche Besonderheit der neuen Führungsstruktur wird in der Haftung liegen: Die Organe des Vereins haften gegenüber dem Verein und gegenüber den Mitgliedern des Vereins aufgrund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit grundsätzlich nur für vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden. Dies wird jedoch nicht für diejenigen Personen gelten, die in Personalunion besondere Vertreter*innen und Präsidiumsmitglieder sind. Sie haften ähnlich wie Geschäftsführer*innen in Wirtschaftsunternehmen auch für rein fahrlässiges Verhalten.
Was sind die nächsten Schritte?
Bei Zustimmung der Mitgliederversammlung mit einer Dreiviertelmehrheit zum Satzungsänderungsantrag von Präsidium und Aufsichtsrat folgt die Änderung der Vereinssatzung und die Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister. Nach diesem Vorgang können besondere Vertreter*innen seitens des Präsidiums bestellt werden. Diesen muss im finalen Schritt durch den Aufsichtsrat zugestimmt werden.
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Gremienstruktur nach Einführung von besonderen Vertreter*innen
Foto und Grafik: FC St. Pauli