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Kiezbeben-Geschichten: Papa und die Punks

Auf über 600 Quadratmetern erzählt "KIEZBEBEN  – die zweite Geburt des FC St. Pauli", wie der FC St. Pauli wurde, was er heute ist. Gerade hat der Betreiberverein 1910 e.V. die Ausstellung im FC St. Pauli-Museum bis 5. Oktober verlängert und eine große Umfrage zur Dauerausstellung gestartet - wir berichteten: KLICK! Einige der schönsten KIEZBEBEN-Stories erzählen wir hier auf www.fcstpauli.com. Diesmal machen wir einen Ausflug in die "Teppichetage" des FC St. Pauli in den 80ern und 90ern...

Bei allem Staunen über Kiezkick, Punkrock und neues Publikum: Die Machtzentralen des FC St. Pauli in den 80er- und 90er-Jahren liegen nicht in der Hafenstraße, sondern an ersten Adressen. Rechtsanwalt Otto Paulick wohnt an der Elbchaussee, sein Nachfolger, der Architekt Heinz Weisener, in Harvestehude – und "Krisenmanager" Wolfgang Kreikenbohm, der 1979 nach dem Absturz des FC St. Pauli in die 3. Liga wegen Lizenzentzugs übernimmt, besitzt sogar einen Ponyhof (und ist nicht nur Unternehmer, sondern auch Bundeswehr-Oberstleutnant der Reserve).

Zwei Präsidenten der Vorbeben- und KIEZBEBEN-Zeit: Wolfgang Kreikenbohm (ab 1979, links) und Otto Paulick (rechts, ab 1982).

Zwei Präsidenten der Vorbeben- und KIEZBEBEN-Zeit: Wolfgang Kreikenbohm (ab 1979, links) und Otto Paulick (rechts, ab 1982).

Genau dieser Ponyhof erweist sich 1979 als praktisch: Weil kein Geld für ein Trainingslager vorhanden ist, bereitet sich die 1. Mannschaft auf Kreikenbohm Reiterhof auf die neue Saison vor. Bei Regen bleibt dort nur der Weg in den Voltigiersand der Reithalle. Jeder Schritt tief, jede Bewegung extra schwer – es wirkt wie ein Abbild der damaligen Situation des FC St. Pauli.

Auch die Spieltage sind in der "Vorbeben"-Zeit Ende der 70er und Anfang der 80er von knappen Kassen geprägt: "Zehn Minuten vor Spielbeginn ging der Mannschaftsbetreuer rum und sammelte die Tageseinnahmen ein", erzählt Hans Apel, FCSP-Vizepräsident ab 1988 und Ex-Bundesfinanz- und -verteidigungsminister: "Wenn bei Spielanpfiff der Gerichtsvollzieher kam, war fast nichts mehr da."

Auf diesem Ponyhof trainierte tatsächlich einst die erste Mannschaft des FC St. Pauli.

Auf diesem Ponyhof trainierte tatsächlich einst die erste Mannschaft des FC St. Pauli.

Was für ein Kontrast, wenn man in dieses in den 90er-Jahren entstandene Porträt der "Zeit" hineinliest: "Gedämpfte Stimmen, edle Hölzer bis zur Decke, hier und da ein offener Kamin", heißt es dort. Weniger Millerntor geht nicht. Warum das alles? 'Es ist wie auf dem Bau', sagt Weisener, "Schwierigkeiten ziehen mich unwiderstehlich an."

Das ist natürlich kein Blick in die FC St. Pauli-Geschäftsstelle, sondern in das Harvestehuder Büro des Architekten Heinz Weisener. Seit 1990 Präsident, agiert "Papa Heinz" (im Aufmacherbild oben bei einer Polonäse mit der Mannschaft beim Aufstieg 1995 zu sehen) als eine Art Mischung aus Präsident und Mäzen, der dem Verein mit seinem Vermögen immer wieder aus der Krise hilft – der sich aber auch, als Kompensation, die später vom FC St. Pauli zurückgekauften Vermarktungs- und Mechandisingrechte überschreiben lässt.

Die Ausstellung KIEZBEBEN ist noch bis 5. Oktober im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade zu sehen. Öffnungszeiten: Do.+Fr. 16-22, Sa.+So. 11-19 Uhr.

Die Ausstellung KIEZBEBEN ist noch bis 5. Oktober im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade zu sehen. Öffnungszeiten: Do.+Fr. 16-22, Sa.+So. 11-19 Uhr.

"Man jubelt einer Mannschaft von Gnaden eines Patriarchen zu, denn man weiß, dass es ohne diesen 'Sonnenkönig' noch weniger zu jubeln gäbe", kritisiert die "Jungle World" 1997 die vermeintlich unkritischen St. Pauli-Fans. Die wiederum sorgen im selben Jahr für eine neue Satzung mit direkt gewähltem Aufsichtsrat, der sich prompt mit dem Präsidenten anlegt.

Von solchen Spannungen ist in einem weiteren "Zeit"-Bericht über die Jahreshauptversammlung 1995 des FC St. Pauli wenig zu spüren: "'Ich bin immer für euch da', schließt der Präsident. Hinten im Saal erheben sich gleich reihenweise die schwarzen Lederjacken. Verstohlen wischt sich der eine oder andere St. Paulianer mit dem braun-weißen Schal eine Träne aus den Augen. 'Mensch, der Heinz!'"

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TIPP: Jeden Donnerstag gibt es das KIEZBEBEN mit Extras! Am Donnerstag (22.8.) liest z.B. Anne Reiche, Autorin, Hafenstraßenbewohnerin und u.a. Organisatorin des VIVA ST. PAULI-Festivals von 1991 (wir berichteten: KLICK!) im Rahmen der KIEZBEBEN-Nächte im FC St. Pauli-Museum. Wie immer bei den KIEZBEBEN-Nächten kostet der Eintritt nur das reguläre KIEZBEBEN-Ticket (Tages- oder Dauerkarte). Lasst Euch das nicht entgehen!

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KIEZBEBEN. Die Ausstellung. Sonnabend und Sonntag jeweils von 11 bis 19 Uhr sowie Donnerstag und Freitag von 16 bis 22 Uhr im FC St. Pauli-Museum (Heiligengeistfeld 1, 20359 Hamburg).

Links und weitere Infos:

 

Text: 1910 e.V.

Fotos: Archiv 1910 e.V. / Moenkebild / M. Pahl

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